Weniger als fünf Stunden brauchten die Geschworenen, um den Gründer der Kryptowährungs-Börse FTX schuldig zu sprechen. Die sieben Anklagepunkte reichten von Betrug bis Verschwörung zur Geldwäsche. Das Strafmaß soll erst im März verkündet werden. Schöpft der Richter die vorgesehenen Strafen bei allen Anklagepunkten aus, könnte Bankman-Fried für 110 Jahre ins Gefängnis wandern.
Der Fall hatte alles für ein filmreifes Gerichtsdrama. Ein gefallener Krypto-König. Ehemalige Freunde und Weggefährten, die gegen ihn aussagen. Und der Versuch, mit der eigenen Aussage im Prozess das Steuer herumzureißen - jedoch vergeblich. Bankman-Frieds Anwalt kündigte an, dass man eine Berufung prüfen werde. Er bekräftigte, dass der Unternehmer seine Unschuld beteuere und sich weiter gegen die Vorwürfe zur Wehr setzen wolle.
Die Linie der Verteidigung im Prozess war, Bankman-Fried als hart arbeitenden Unternehmer mit guten Absichten darzustellen, der Fehler gemacht habe. Die Anklage präsentierte zusätzlich zu verheerenden Aussagen seiner einstigen Weggefährten nüchterne Beweismittel wie Zeitstempel aus Google-Dateien, die Geschworene davon überzeugten, dass Bankman-Fried - entgegen seiner Behauptung - von dem Betrug gewusst haben muss.
Zwischenzeitlich war FTX mit 32 Milliarden Dollar bewertet worden, brach dann aber spektakulär zusammen. Bis dahin war die Plattform einer der größten Handelsplätze für Kryptogeld wie Bitcoin. Promis wie Football-Star Tom Brady machten Werbung für FTX, Bankman-Fried sprach auf Konferenzen über die Zukunft des Finanzsystems, spendete viel Geld an die Demokratische Partei und ließ sich beim Prestige-Event Super Bowl mit Sängerin Katy Perry und Schauspieler Orlando Bloom ablichten.
Kundengelder wurden für riskante Hedge-Fonds-Geschäfte verwendet
Während Kryptowährungen Laien hochkomplex vorkommen, wirkte der Betrugsfall am Ende simpel: Veruntreuung von Kundenvermögen. Bankman-Fried hatte auch einen Hedge-Fonds namens Alameda Research. Dieser machte riskante Geschäfte und lieh sich Mittel bei FTX. Eigentlich hätten für solche Geschäfte Sicherheiten hinterlegt werden müssen. Es gab auch Computersysteme, die dafür sorgen sollten. Allerdings enthielt die Software eine heimliche Ausnahme für Alameda. Dadurch konnte der Hedge-Fonds bei FTX so tief ins Minus gehen, wie er wollte. Die Alameda-Geschäfte gingen schief - und am Ende klaffte bei FTX ein Loch von acht Milliarden Dollar.
Bankman-Fried sagte vor Gericht, er habe die finanzielle Lage seiner Unternehmen nur teilweise verstanden. Er sei "sehr überrascht" vom Ausmaß der Probleme gewesen. Zuvor hatte Alameda-Chefin Caroline Ellison allerdings ausgesagt, dass Bankman-Fried sie an einem Punkt angewiesen habe, für Investoren eine falsche Bilanz, ohne die Schulden bei FTX anzufertigen. Sie habe ihm sieben Versionen der Bilanz zur Auswahl angeboten.
Noch brisanter machte Ellisons Aussagen, dass sie und Bankman-Fried eine Zeit lang ein Paar waren. Im Gerichtssaal herrschte zwischen ihnen eisige Stimmung, wie US-Medien berichteten. Aber auch zwei weitere einstige enge Freunde sagten gegen Bankman-Fried aus: FTX-Mitgründer Gary Wang und Software-Chef Nishad Singh. Auch von ihnen hörten die Geschworenen, dass sie Betrug auf Anweisung von Bankman-Fried begangen hätten. Alle drei hatten zuvor bereits ihre Schuld eingestanden - und können nun auf ein milderes Strafmaß hoffen.
Vom Penthouse auf den Bahamas ins New Yorker Gefängnis
Es war das Ende einer ungewöhnlichen Art von Unternehmensführung: Die Freunde und Top-Manager wohnten zusammen in einer Art Reichen-WG in einem mehr als 30 Millionen Dollar teuren Penthouse auf den Bahamas. Dort wurde Bankman-Fried im vergangenen Dezember festgenommen, anschließend lieferte man ihn an die US-Justiz aus. Aus den ursprünglichen zwölf Anklagepunkten wurden sieben, weil der Rest nicht in der Auslieferungsvereinbarung erwähnt war.
Bankman-Fried wartete auf den Prozess zunächst unter Hausarrest bei seinen Eltern im kalifornischen Palo Alto - sie sind Professoren an der Elite-Uni Stanford. Doch im August schickte ihn Richter Lewis Kaplan ins Gefängnis, nachdem Bankman-Fried private Aufzeichnungen von Ellison an einen Journalisten weitergegeben hatte. Kaplan sah darin den Versuch, eine Zeugin einzuschüchtern.
Der New Yorker Staatsanwalt Damian Williams sagte nach dem Urteil, Bankman-Fried habe eine der größte Finanz-Betrügereien in der Geschichte Amerikas begangen, um "Krypto-König" zu werden. Im Kern sei es aber eine alte Geschichte: "In diesem Fall ging es die ganze Zeit um Lügen, Betrug und Diebstahl."