Einigung auf geänderte Pkw-Maut mit Brüssel in Sicht

Nach monatelangem Streit mit der Europäischen Kommission ist eine Einigung auf ein geändertes Modell für die deutsche Pkw-Maut in Sicht. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und die zuständige Kommissarin Violeta Bulc wollten sich am 01.12.2016 in Brüssel treffen, um den Kompromiss politisch zu besiegeln. Dabei geht es unter anderem um eine neue Ausgestaltung der Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland. Nach Informationen des ARD-Studios in Brüssel haben sich beide Seiten wie erwartet auf Expertenebene geeinigt. Aus der Opposition und vom Koalitionspartner SPD wurden Bedenken laut.

Kurzzeitmaut soll stärker gestaffelt werden

Als Entgegenkommen an die EU-Kommission hatte Berlin eine stärkere Spreizung der Preise für die Kurzzeitmaut vorgeschlagen – mit fünf statt bisher drei Stufen nach Motorgröße und Schadstoffausstoß. Eine Zehn-Tages-Maut könnte demnach je nach Fahrzeugeigenschaften künftig 2,50 Euro, 4 Euro, 6 Euro, 14 Euro oder 20 Euro kosten. Im geltenden Mautgesetz sind es 5, 10 und 15 Euro. Für eine Zwei-Monats-Maut waren 7, 11, 14, 30 und 40 Euro angedacht. Bisher sind es 16, 22 und 30 Euro. Insgesamt sollen die Änderungen die Einnahmen nicht schmälern, da sie neben niedrigeren auch höhere Preise umfassen.

Eventuell höhere Kfz-Steuer-Entlastung bei besonders umweltfreundlichen Autos

Zweiter Streitpunkt ist, dass nur Inländer für ihre Maut-Zahlungen centgenau bei der Kfz-Steuer entlastet werden sollen. Die Kommission lehnt diese Eins-zu-eins-Kompensation als verbotene Benachteiligung von Ausländern ab. Daher war im Gespräch, dass die Steuer für Besitzer besonders umweltschonender Autos sogar etwas stärker sinken könnte, als es der Mautzahlung entspricht. Eine denkbare Mehrbelastung etwa für umweltschädlichere Autos ist nicht möglich. Dies schließt der Koalitionsvertrag von Union und SPD aus. Verkehrsministerium und Kommission hatten sich zuversichtlich gezeigt, dass eine Einigung zustande kommt.

Zweifel aus Reihen der SPD: Warnung vor höherer Belastung und "Bürokratiemonster"

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Martin Burkert (SPD), sagte: "Auch wenn die Maut jetzt europarechtskonform sein sollte, sind meine grundsätzlichen Bedenken nicht aus dem Weg geräumt." So müsse Dobrindt im Parlament erst noch den Nachweis erbringen, dass deutsche Autofahrer nicht zusätzlich belastet werden. SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht sagte, die Maut dürfe kein Selbstzweck sein: "Was wir ganz sicher nicht brauchen, ist ein Bürokratiemonster, das die zusätzlichen Einnahmen auffrisst."

Verkehrsexperte der Linken warnt vor Minus-Geschäft

Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber sagte: "Es hat von beiden Seiten Bewegung bedurft, aber jetzt liegt eine europarechtskonforme Lösung vor." Er hoffe, dass dies in Berlin auch schnell umgesetzt werde, sagte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP). Der Verkehrsexperte der Linken Herbert Behrens kritisierte, zu erwarten sei nicht mehr als eine Verabredung, wie eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof vermieden werden könne. Es bleibe unklar, "ob die Ausländer-Maut überhaupt noch etwas in die Kasse bringt oder am Ende nicht sogar ein Minus-Geschäft wird."

Redaktion beck-aktuell, 1. Dezember 2016 (dpa).