Einfachere Klagemöglichkeiten sollen Verbraucher und Justiz entlasten

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den Regierungsentwurf zur Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie beschlossen. Das Kernstück ist das neue Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG). Es bündelt die bisher in der Zivilprozessordnung enthaltenen Regelungen über die Musterfeststellungsklage und soll diese fortentwickeln. Mit der Einführung der Abhilfeklage als neue Klageform sollen Verbraucherrechte gestärkt und die Justiz entlastet werden.

Gleichartige Leistungsansprüche können eingeklagt werden

Die Abhilfeklage erlaubt Verbraucherverbänden gleichartige Leistungsansprüche von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegen ein Unternehmen unmittelbar gerichtlich einzuklagen. Dieses neue Instrument kann nach Mitteilung des Bundesjustizministeriums beispielsweise bei Entschädigungsansprüchen wegen der Annullierung desselben Fluges oder bei Zinsnachzahlungsansprüchen wegen einer massenhaft verwendeten unwirksamen Vertragsklausel eines Geldinstituts zur Anwendung kommen. Um Klagen unseriöser Verbände zu verhindern, sind nur besonders qualifizierte Einrichtungen zur Klage berechtigt, auch aus anderen Mitgliedstaaten der EU. Sie müssen die Ansprüche von mindestens 50 Betroffenen vertreten.

Justiz werde entlastet

Verbraucherinnen und Verbraucher können ihre Ansprüche, auf die sich die jeweilige Abhilfeklage bezieht, in einem Verbandsklageregister anmelden. Sie müssen dann nicht selbst klagen und profitieren unmittelbar von dem Verfahren: Ihnen zustehende Beträge werden nach dem Gesetzentwurf im Erfolgsfall von einem Sachwalter direkt an sie ausgezahlt. Kleine Unternehmen werden im Gesetzentwurf Verbraucherinnen und Verbrauchern gleichgestellt. Wie das Bundesjustizministerium mitteilte, wird mit dem Entwurf zugleich die Justiz gestärkt, da sie von massenhaften Einzelklagen entlastet wird. Dazu tragen auch die neu in § 148 ZPO vorgesehenen Aussetzungsmöglichkeiten bei, mit denen zeitraubende parallele Sachverständigenbegutachtungen zu identischen Fragestellungen vermieden werden und die Verfahren dadurch effizienter geführt werden können.

Weitere Regelungen des Entwurfs

Die Bestimmungen der Verbandsklagenrichtlinie, die auf Unterlassungsentscheidungen gerichtet sind, werden nach der geplanten Neuregelung im Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) und im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) umgesetzt. Der Entwurf enthält zudem Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch. Künftig werden einstweilige Verfügungen und Klagen von qualifizierten Verbraucherverbänden und qualifizierten Einrichtungen, mit denen Unterlassungsansprüche nach dem UKlaG oder nach dem UWG durchgesetzt werden, verjährungshemmende Wirkung für Ansprüche von Verbraucherinnen und Verbrauchern haben. Flankierend sieht der Entwurf Regelungen vor, die die Durchsetzung des Gewinnabschöpfungsanspruchs nach § 10 UWG erleichtern sollen. Außerdem ist eine Regelung zur Entlastung von mit Massenverfahren befassten Gerichten geplant.  Die gesetzlichen Regelungen zur Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie müssen am 25.06.2023 in Kraft treten.

Buschmann überzeugter als Richterschaft

"Auch die Unternehmen erhalten mit dem Entwurf die nötige Rechtssicherheit", sagte Buschmann. Für sie sei wichtig, dass der Entwurf "angemessene zeitliche Grenzen" vorsehe, innerhalb derer man seinen Anspruch geltend machen müsse. Der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds, Sven Rebehn, ist von dem neuen Verfahren allerdings wenig überzeugt. Er sagte: "Durch die geplante Einführung einer Verbandsklage allein dürfte die Justiz nicht spürbar entlastet werden." Das vorgesehene mehrstufige Verfahren bis zur Verteilung der Gelder durch einen Sachwalter sei "sehr schwerfällig" und werde wahrscheinlich dazu führen, dass zumindest Kläger mit einer Rechtsschutzversicherung weiterhin eine Individualklage bevorzugen. "Deshalb braucht es dringend weitere Änderungen im Prozessrecht."

Redaktion beck-aktuell, 30. März 2023 (ergänzt durch Material der dpa).