Keine Menschenrechtsverstöße während des fünftägigen Krieges
Nachdem die Richterinnen und Richter mehrere Zeugen vernommen und zahlreiche Dokumente gesichtet hatten, kamen sie zwar zu dem Schluss, dass Russland für die Zeit des fünftägigen Krieges vom 08. bis 12.08.2008 nicht für Menschenrechtsverstöße verantwortlich gemacht werden könne. Georgien hatte in dem Krieg die Kontrolle über seine abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien verloren.
Plündereien, Misshandlungen, Folter
Nach dem Waffenstillstand aber seien die russischen Behörden zuständig gewesen für die Lage in der Konfliktregion, sie hätten daher auch die Menschenrechtskonvention durchsetzen müssen. Russland habe in dieser Zeit etwa Plündereien, Brandschatzungen, Misshandlungen und Folter durch südossetische Kräfte zugelassen. "Solche Handlungen waren besonders schwerwiegend, weil sie gegen Kriegsgefangene verübt wurden, die einen besonderen Schutzstatus nach internationalem humanitären Recht hatten", heißt es in dem Urteil.
Schutz der Zivilisten "unzureichend"
Auch der Schutz der Zivilisten durch russische Behörden sei unzureichend gewesen. Konkret zitiert wird ein Fall, in dem 160 georgische Staatsbürger, die meisten Ältere und Frauen, vom 10. bis 27.08.2008 von südossetischen Kräften in der Hauptstadt Zchinwali in einem Keller des Innenministeriums festgehalten wurden. Russland hatte Abchasien und Südossetien nach dem Krieg gegen internationalen Protest als unabhängige Staaten anerkannt und dort Tausende Soldaten stationiert.
Sieg der Gerechtigkeit
Die georgische Präsidentin Salome Surabischwili wertete das Urteil als einen Sieg der Gerechtigkeit. Straßburg habe ein historisches Urteil gesprochen, sagte die Staatschefin bei einem Besuch in Brüssel. Auch in der georgischen Hauptstadt Tiflis begrüßten namhafte Politiker das Urteil.