EGMR verurteilt Russland wegen unmenschlicher Gefangenentransporte

Schneidende Kälte, extreme Enge und Schlafentzug: Wegen unmenschlicher Bedingungen auf Gefangenentransporten hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Russland verurteilt. Der russische Staat muss sechs Beschwerdeführern nun unter anderem wegen erniedrigender Behandlung insgesamt 20.000 Euro Entschädigung zahlen, wie die Straßburger Richter mit Urteil vom 09.04.2019 entschieden haben (Az.: 18255/10).

Gefangene bei Minusgraden in unbeheizten Waggons transportiert

Einige der Beschwerdeführer wurden laut Gericht während ihrer Haftstrafen über weite Strecken und über Nacht in Zügen transportiert. Weil es nicht genügend Schlafplätze in den Waggons gab, mussten sie wach bleiben. Auf einer 2.200 Kilometer langen Strecke durften drei der Kläger nur je zweimal täglich zur Toilette gehen. Außerdem mussten sie während einer Fahrtpause bei Minusgraden 15 Stunden in ihrem unbeheizten Waggon ausharren.

Frauen in kalten/engen "Isolationsboxen" transportiert

Zwei Frauen wiederum hatten sich in Straßburg beschwert, weil sie auf Transporten in kleinen Isolationsboxen sitzen mussten. Eine der Beschwerdeführerinnen beklagte große Kälte, die andere extreme Enge, weil sie sich die Box noch mit einer weiteren Gefangenen teilen musste – trotz ihres Übergewichts und obwohl die Box nur mit einem Sitzplatz ausgestattet war.

EGMR sieht strukturelles Problem bei russischen Gefangenentransporten

Die Straßburger Richter bemängeln in ihrem Urteil ein strukturelles Problem bei Gefangenentransporten in Russland. Derzeit warteten noch Hunderte ähnlicher Beschwerden auf ihre Bearbeitung. Die Richter riefen Moskau dazu auf, Gefangene künftig in Haftanstalten unterzubringen, die näher am jeweiligen Heimatort der Betroffenen liegen. Außerdem müsse Russland die Bedingungen auf den Transporten verbessern und dafür sorgen, dass Gefangene sich effektiv gegen Missstände wehren und auf nationaler Ebene Schadenersatz erstreiten können.

EGMR, Urteil vom 09.04.2019 - 18255/10

Redaktion beck-aktuell, 9. April 2019 (dpa).

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