EGMR verurteilt Polen wegen geplanter Auslieferung nach China

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Polen im Zusammenhang mit der geplanten Auslieferung eines Häftlings nach China zu Entschädigungszahlungen in Höhe von 18.000 Euro verurteilt. Der Mann befinde sich unangemessen lang in Haft und sei durch das drohende Strafverfahren in China Folter und anderen Formen von Misshandlung ausgesetzt, so der Gerichtshof. Die Lage in chinesischen Gefängnissen gleiche einer "allgemeinen Gewaltsituation".

Seit 2017 wegen internationalen Telekommunikationsbetrugs in Haft

Der Mitteilung zufolge wurde der Mann 2016 wegen internationalen Telekommunikationsbetrugs von Interpol gesucht und 2017 in Polen verhaftet. China forderte daraufhin seine Auslieferung. Einen Asylantrag des gebürtigen Taiwanesen lehnte Polen ab. Seitdem sitzt er in Haft, die regelmäßig verlängert wurde. Er beklagte vor dem EGMR, dass seine Auslieferungshaft willkürlich und unangemessen lang sei und ihm bei einer Auslieferung nach China Folter und ein unfaires Strafverfahren drohten.

EGMR: Lage in chinesischen Gefängnissen gleicht "allgemeiner Gewaltsituation"

Der EGMR gab dem Mann Recht. Der Gerichtshof stellte fest, dass die Lage in chinesischen Gefängnissen mit einer "allgemeinen Gewaltsituation" gleichzusetzen sei. Der Mann sei bei einer Auslieferung nach China dem Risiko von Misshandlungen ausgesetzt. Außerdem hätten die polnischen Behörden den üblichen Zeitraum für ein solches Auslieferungsverfahren nicht eingehalten. Polen muss dem Mann deswegen nun insgesamt 18.000 Euro zahlen.

EGMR, Urteil vom 06.10.2022 - 37610/18

Redaktion beck-aktuell, Miriam Montag, 7. Oktober 2022 (dpa).