Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Griechenland im Zusammenhang mit einem 2014 gekenterten Flüchtlingsboot verurteilt. Die griechischen Behörden hätten nicht alles Erforderliche getan, um die Geflüchteten zu schützen und sie einer erniedrigenden Behandlung ausgesetzt, teilte der Gerichtshof mit. Außerdem seien die Umstände des Unglücks nicht ausreichend aufgeklärt worden. Griechenland muss nun insgesamt 330.000 Euro Schadenersatz zahlen.
Schwerer Vorwurf an griechische Küstenwache
Das Boot mit 27 Geflüchteten war im Januar 2014 vor der griechischen Insel Farmakonisi gekentert, 11 Menschen starben. Die Überlebenden gaben an, dass ein Schiff der griechischen Küstenwache mit sehr hoher Geschwindigkeit unterwegs gewesen sei, um die Geflüchteten zurück in türkische Gewässer zu drängen. Dadurch sei das Boot gekentert. Griechischen Angaben zufolge wurde das Boot hingegen in Richtung der Insel Farmakonisi geschleppt, um die Menschen zu retten. Wegen der Panik und der plötzlichen Bewegungen an Bord sei es aber gekentert.
EGMR, Urteil vom 07.07.2022 - 07.07.2022 ECHR 235 (2022)
Miriam Montag, 8. Juli 2022 (dpa).
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