Die ungarische Polizei hat nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zwei Roma in einer westungarischen Ortschaft nur unzureichend vor Gewalt und Hassparolen geschützt, die von Teilnehmern einer rechtsextremen Kundgebung ausgingen. Den beiden Klägern sprach das Gericht in Straßburg am 17.01.2017 eine Entschädigung von jeweils knapp 11.000 Euro durch den ungarischen Staat zu. "Die begrenzten Ermittlungen (der ungarischen Polizei) ... stellten keine ausreichende Antwort auf die reale und komplexe Situation dar, wie sie bestanden hatte", heißt es in dem Urteil (Az.: 10851/13).
Entscheidung noch nicht rechtskräftig
Im August 2012 waren rund 500 Rechtsextremisten aus dem Umfeld der Jobbik-Partei durch das Roma-Viertel der westungarischen Ortschaft Devecser marschiert. Dabei riefen sie rassistische und hetzerische Parolen, wie etwa dass "die Zigeuner aufgehängt werden sollen". Auch wurden Steine gegen Roma-Häuser geworfen. Die Polizei schritt nicht ein. Mehrere Anzeigen der beiden Kläger zogen die Verurteilung lediglich eines einzigen Kundgebungsteilnehmers nach sich. "Die psychologische Integrität der Kläger wurde nicht wirksam geschützt gegen etwas, das nicht weniger darstellte als eine organisierte Einschüchterung der Roma-Gemeinde", hält das Urteil fest, das noch nicht rechtskräftig ist.
EGMR, Urteil vom 17.01.2017 - 10851/13
Redaktion beck-aktuell, 18. Januar 2017 (dpa).
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Das Urteil im Volltext finden Sie auf der Internetseite des EGMR in englischer Sprache.
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