EGMR: Un­an­ge­kün­dig­te Do­ping-Kon­trol­len sind rech­tens

Do­ping-Fahn­der dür­fen Pro­fi­sport­ler aus Sicht des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs für Men­schen­rech­te ver­pflich­ten, Mo­na­te im Vor­aus An­ga­ben zu ihren Auf­ent­halts­or­ten zu ma­chen. Das so­ge­nann­te Whe­re­a­bouts-Sys­tem ver­sto­ße nicht gegen die Men­schen­rech­te der Sport­ler, ur­teil­ten die Straßbur­ger Rich­ter am 18.01.2018.

Fran­zö­si­sche Sport­ver­bän­de und Pro­fi­sport­ler klag­ten

Ge­klagt hat­ten zahl­rei­che fran­zö­si­sche Sport­ver­bän­de und Dut­zen­de Pro­fi­sport­ler gegen die in Frank­reich an­ge­wen­de­te Pra­xis, die so auch in Deutsch­land und an­de­ren Län­dern zum Ein­satz kommt. Das Sys­tem sieht unter an­de­rem vor, dass aus­ge­wähl­te Top­sport­ler drei Mo­na­te im Vor­aus täg­lich eine Stun­de be­nen­nen, wäh­rend der sie für un­an­ge­kün­dig­te Tests zur Ver­fü­gung ste­hen.

Mit Do­ping ein­her­ge­hen­des Ge­sund­heits­ri­si­ko recht­fer­tigt Re­ge­lung

Diese Vor­schrift be­ein­träch­ti­ge zwar das Pri­vat­le­ben der Sport­ler, hieß es in der Ur­teils­be­grün­dung. Die Auf­la­gen seien aber ge­recht­fer­tigt, denn ohne sie stei­ge das Ri­si­ko von Do­ping stark an – mit Ri­si­ken für die Ge­sund­heit der Sport­ler. Au­ßer­dem brin­ge pro­fes­sio­nel­les Do­ping auch Ge­fah­ren für Frei­zeit­sport­ler mit sich. Ins­be­son­de­re junge Sport­ler könn­ten do­pen­den Pro­fis nach­ei­fern.

Sport­ler hat­ten vor allem Recht auf Ach­tung des Pri­vat- und Fa­mi­li­en­le­bens gel­tend ge­macht

Aus Sicht der kla­gen­den Sport­ler ver­letzt das in Frank­reich an­ge­wen­de­te Whe­re­a­bouts-Sys­tem ihr Recht auf Ach­tung des Pri­vat- und Fa­mi­li­en­le­bens. Au­ßer­dem sehen sie sich in ihrem Recht auf Frei­zü­gig­keit ein­ge­schränkt. Da­ge­gen führ­ten die Rich­ter ins Feld, dass die Sport­ler selbst den Ort wäh­len kön­nen, an dem eine mög­li­che Kon­trol­le statt­fin­det.

Un­ter­schied­li­che In­ter­es­sen fair ab­ge­wo­gen

Die von Frank­reich ein­ge­führ­ten Re­geln seien kon­form mit den Prin­zi­pi­en der Welt-Anti-Do­ping-Agen­tur, heißt es in der Ur­teils­be­grün­dung. Die fran­zö­si­schen Be­hör­den hät­ten in ihrem Re­gel­werk die un­ter­schied­li­chen In­ter­es­sen auf faire Weise ge­gen­ein­an­der auf­ge­wo­gen.

Na­tio­na­le Anti-Do­ping-Agen­tur fühlt sich be­stä­tigt

Die Na­tio­na­le Anti-Do­ping-Agen­tur fühlt sich durch die EGMR-Ent­schei­dung ge­stärkt, dass Sport­ler schon Mo­na­te im Vor­aus An­ga­ben zu ihren
Auf­ent­halts­or­ten müs­sen. "Der in­ter­na­tio­nal ein­heit­li­che An­satz, un­an­ge­kün­digt Do­ping­kon­trol­len durch­zu­füh­ren, wird aus­drück­lich be­stä­tigt", sagte Lars Mort­sie­fer, Vor­stands­mit­glied und Chef­jus­ti­zi­ar der Na­tio­na­len Anti-Do­ping-Agen­tur NADA. Die Ent­schei­dung des Ge­richts­ho­fes schaf­fe Klar­heit. Den­noch sei der NADA be­wusst, dass "sie den Sport­le­rin­nen und Sport­lern mit den Mel­de­pflich­ten, der täg­li­chen Er­reich­bar­keit und der Ein-Stun­den-Regel, ei­ni­ges ab­ver­langt."

Sport­recht­ler: Ur­teil "sehr hart"

Sport­recht­ler Mi­cha­el Leh­ner sieht in der Ent­schei­dung eine "Ein­schrän­kung der Hand­lungs­frei­heit vie­ler Sport­ler". Das Ur­teil sei "sehr hart", das Ge­richt habe dem "Ge­dan­ken des sau­be­ren Sports ab­so­lu­ten Vor­rang" ein­ge­räumt, sagte der Hei­del­ber­ger am 18.01.2018 der Deut­schen Pres­se-Agen­tur. Man könne die Ent­schei­dung "aber ak­zep­tie­ren, wenn man die Ge­wiss­heit hätte, dass sich jene, die auf Funk­tio­närs­ebe­ne das Do­ping er­fun­den haben, ge­nau­so sau­ber ver­hal­ten wür­den." Un­um­wun­den gab Leh­ner aber zu: "Es ist eine Stär­kung der NADA, des Kon­troll­sys­tems und ob­jek­tiv des Anti-Do­ping-Sys­tems."

EGMR, Urteil vom 18.01.2018 - 48151/11

Redaktion beck-aktuell, 18. Januar 2018 (dpa).

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