Im Katalonienkonflikt hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Beschwerde des Separatistenführers Carles Puigdemont abgelehnt. Puigdemont und mehrere seiner Mitstreiter hatten sich gegen das Verbot einer Parlamentssitzung im Oktober 2017 gewandt, bei der die Unabhängigkeit der spanischen Region verkündet werden sollte. Das spanische Verfassungsgericht habe mit dem Verbot im Interesse der öffentlichen Sicherheit gehandelt, teilte der EGMR am 28.05.2019 zur Begründung seiner Entscheidung mit. Dass Puigdemont trotz des Verbots am 10.10.2017 bei einer Plenarsitzung die Unabhängigkeit ausgerufen habe, sei zudem ein Verstoß gegen die vorherige Entscheidung des Verfassungsgerichts, so der EGMR in Straßburg (Az.: 75147/17).
Verstoß gegen Versammlungsrecht und Recht auf freie Meinungsäußerung moniert
Ex-Regionalpräsident Puigdemont und 75 weitere katalanische Politiker, darunter die frühere Parlamentspräsidentin Carme Forcadell, hatten durch das Sitzungsverbot unter anderem ihr Versammlungsrecht und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung beschnitten gesehen. Unter Puigdemonts Führung hatte die Regionalregierung Kataloniens am 01.10.2017 ein Unabhängigkeitsreferendum durchgeführt, obwohl dies von der spanischen Justiz verboten worden war.
Monatelange Zwangsverwaltung
Nach der Abstimmung und dem darauf folgenden Unabhängigkeitsbeschluss wurde Katalonien von Madrid unter monatelange Zwangsverwaltung gestellt. Puigdemont floh ins belgische Exil, konnte bei der Europawahl am 26.05.2019 aber dennoch einen Sitz im EU-Parlament erringen. Forcadell steht derzeit wegen des Vorwurfs der Rebellion und des Missbrauchs öffentlicher Gelder in Spanien vor Gericht.
EGMR, Urteil vom 28.05.2019 - 75147/17
Redaktion beck-aktuell, 29. Mai 2019 (dpa).
Zum Thema im Internet
Die Entscheidung im Volltext finden Sie auf der Internetseite des EGMR.
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