Russland verstößt mit Sperren oppositioneller Webseiten gegen Meinungsfreiheit

Russland verstößt mit der Sperrung oppositioneller Internetseiten nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen die Meinungsfreiheit. Die Sperrungen auf Basis des russischen Informationsgesetzes hätten übertriebene Auswirkungen, hieß es in der Entscheidung vom 23.06.2020. Es gebe keinen ausreichenden Schutzmechanismus, um den Missbrauch des Gesetzes zu verhindern. Außerdem werde mit der Sperrung der Webseiten das Recht auf Zugang zu Informationen beeinträchtigt.

Russland muss Betreiber der gesperrten Seiten entschädigen

Mehrere Betreiber von Seiten mit regierungskritischen Inhalten, darunter auch Ex-Schachweltmeister und Kreml-Kritiker Garry Kasparow, hatten insgesamt vier Beschwerden beim Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht. Sie erklärten laut Gerichtsunterlagen, dass die Sperrungen unrechtmäßig und unverhältnismäßig erfolgt seien. Außerdem hätten russische Gerichte die Zugangssperrungen nicht ausreichend geprüft. Russland muss den Betreibern nun jeweils 10.000 Euro Entschädigung zahlen.

Menschenrechtsorganisationen beklagen willkürliche Eingriffe in die Meinungsfreiheit

In Russland sind Hunderte Internetseiten von der Aufsichtsbehörde gesperrt. Betroffen sind etwa auch Portale des finanzkräftigen Kremlgegners Michail Chodorkowski. Laut Gesetz gibt es zwar keine Zensur. Allerdings können die Behörden oft einfach ohne nähere Begründung Inhalte blockieren. Internationale Organisationen wie Human Rights Watch, Amnesty International und Reporter ohne Grenzen beklagen massive und völlig willkürliche Eingriffe des Staates in das Recht auf Meinungsfreiheit.

Redaktion beck-aktuell, 23. Juni 2020 (dpa).