EGMR: Russland muss auch gleichgeschlechtliche Paare anerkennen

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Russland verurteilt, weil es keine offizielle Anerkennung für gleichgeschlechtliche Paare zugelassen hat. Russland verstieß damit gegen das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens der Europäischen Menschenrechtskonvention, wie das Straßburger Gericht gestern mitteilte. Das Argument der russischen Regierung, das gesamtgesellschaftliche Interesse begründe sein Vorgehen, wies der EGMR zurück. Rechte von Minderheiten könnten nicht von der Akzeptanz der Mehrheit abhängen.

Homosexualität nicht verboten, aber weitgehend tabuisiert

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte im vergangenen Jahr in der Verfassung festschreiben lassen, dass eine Ehe nur zwischen Mann und Frau möglich sei. Homosexualität selbst ist in Russland zwar nicht verboten, wird aber in dem Land mit seiner einflussreichen russisch-orthodoxen Kirche weitgehend tabuisiert. Unter Strafe stehen etwa positive Äußerungen über Homosexuelle in Anwesenheit von Kindern. Menschenrechtler kritisieren immer wieder, dass Schwule und Lesben im größten Land der Erde Diskriminierung und teils Gewalt ausgesetzt sind.

EGMR fordert Rechtsrahmen für gleichgeschlechtliche Beziehungen

Geklagt hatten drei gleichgeschlechtliche Paare. Sie hatten in Russland vergeblich versucht zu heiraten und warfen den Behörden Diskriminierung vor. Das Gericht befand, dass es keine Begründung dafür gebe, dass die Paare ihre Beziehungen nicht rechtlich formalisieren konnten. Russland habe die Pflicht, einen Rechtsrahmen zu stellen, der die Beziehungen der Paare anerkenne und schütze. Es liege allerdings im Ermessen Russlands, die geeignetste Form hierfür zu finden.

Redaktion beck-aktuell, 14. Juli 2021 (dpa).