EGMR: Polen muss Angehörige eines Entführungsopfers entschädigen

Polen muss zwei Angehörigen eines getöteten Entführungsopfers Entschädigung zahlen, weil die Behörden nicht angemessen gearbeitet haben. Dem Vater und der Schwester von Krzysztof Olewnik stünden 100.000 Euro zu, entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 05.09.2019 in Straßburg. Auch 17 Jahre nach dem Tod des Mannes seien die Umstände nicht vollständig aufgeklärt. Zudem habe eine Untersuchung des polnischen Parlaments zu dem Fall 2009 Versagen auf Seiten der Polizei gezeigt, so der Gerichtshof. Die Behörden hätten gewusst, dass eine reale und unmittelbare Gefahr für das Leben des Entführten bestand (Az.: 20147/15).

Einen Monat nach Lösegeld-Übergabe ermordet

Olewnik, Sohn eines Unternehmers aus der Fleischbranche, war 2001 im Alter von 25 Jahren von mehreren Männern aus seinem Haus entführt worden – nach einer Feier, an der laut Nachrichtenagentur PAP auch örtliche Polizisten teilgenommen hatten. Die Entführer kontaktierten mehrfach die Familie und forderten Lösegeld. Im Juli 2003 zahlte die Familie 300.000 Euro, der Entführte wurde jedoch nicht freigelassen. Wie sich später herausgestellte, wurde Olewnik einen Monat nach der Lösegeld-Übergabe ermordet. Seine Leiche wurde 2006 gefunden, nachdem einer der festgenommenen mutmaßlichen Entführer den Fundort preisgab.

Justizskandal und Rücktritt des damaligen Justizministers

Drei der mutmaßlichen Täter begingen später in der Haft Selbstmord, was in Polen 2009 zu einem Justizskandal und zum Rücktritt des damaligen Justizministers führte.

EGMR, Urteil vom 05.09.2019 - 20147/15

Redaktion beck-aktuell, 6. September 2019 (dpa).

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