EGMR: Mörder jahrelang nicht auf Deutsch therapiert – Belgien zu Entschädigung verurteilt

Weil ein verurteilter Mörder und Vergewaltiger in einer belgischen psychiatrischen Einrichtung jahrelang keine Therapie in seiner Muttersprache Deutsch bekommen hat, ist Belgien verurteilt worden. Der Staat habe damit gegen das Verbot unmenschlicher Behandlung und gegen das Recht auf Freiheit verstoßen, urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 31.01.2019 (Az.: 18052/11). Belgien muss dem Mann nun 32.500 Euro Entschädigung zahlen.

Anträge auf Freilassung auch wegen fehlender Therapie abgelehnt

Der Beschwerdeführer wird seit 2004 in einer psychiatrischen Einrichtung in Belgien festgehalten, weil er nach Überzeugung der belgischen Behörden auch nach Verbüßen seiner Haftstrafe noch gefährlich ist. Er spricht nur Deutsch, bekam aber 13 Jahre lang keine Therapie in dieser Sprache und hatte auch wenig Kontakt zu dem französischsprachigen Personal der Einrichtung. Anträge des Mannes auf Freilassung wurden wiederholt abgelehnt – auch mit der Begründung, dass er nicht therapiert worden sei.

Menschenrechtsverletzungen dauern nicht mehr an

Dass der Mann 13 Jahre ohne eine realistische Hoffnung auf eine Veränderung der Situation festgehalten worden sei, habe ihn einer besonders schweren Not ausgesetzt, urteilten die Straßburger Richter. Das Fehlen einer deutschsprachigen Therapie sei umso weniger zu rechtfertigen, als dass Deutsch eine der Amtssprachen Belgiens sei. Der Gerichtshof hielt fest, dass sich die Lage des Mannes seit 2017 gebessert habe: Seitdem stehe ihm Unterstützung in seiner Muttersprache zur Verfügung – die Menschenrechtsverletzungen dauerten also nicht an.

EGMR, Urteil vom 31.01.2019 - 18052/11

Redaktion beck-aktuell, 31. Januar 2019 (dpa).

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