"Intersexuell" muss nicht in französische Geburtsurkunde

Eine Person aus Frankreich ist mit dem Anliegen, in die Geburtsurkunde "intersexuell" statt "männlich" eintragen zu lassen, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gescheitert. Die Weigerung der französischen Behörden sei kein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, urteilten die Richter heute in Straßburg.

Französische Ablehnung "neutralen" Geschlechtseintrags ist rechtens

Im Fall bezeichnete die Geburtsurkunde die 1951 geborene Person als "männlich". Ärztlichen Bescheinigungen zufolge wurde jedoch bereits kurz nach der Geburt eine Intersexualität festgestellt. Die begehrte Streichung der Geschlechtsbezeichnung und den Eintrag von "intersexuell" oder "neutral" lehnten die französischen Behörden ab. Der EGMR hat den Behörden Recht gegeben. Die Diskrepanz zwischen der biologischen Identität und der rechtlichen Identität könne Menschen zwar Leid und Angst zufügen. Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens sei durch die Weigerung der Behörden aber nicht verletzt worden. Im Vordergrund stehe die Notwendigkeit eines zuverlässigen Personenstandsregisters.

Anerkennung neuer Personenstände ist Sache des Gesetzgebers

Das französische Recht sei auf der Basis von zwei Geschlechtern aufgebaut. Würde nun ein "neutrales" Geschlecht anerkannt, seien neue Gesetze notwendig. Das könne aber wegen der Gewaltenteilung nur durch den Gesetzgeber und nicht durch die Justiz erfolgen. Die Anerkennung eines dritten Geschlechts sei eine Frage, über die die Gesellschaft entscheiden müsse. Frankreich könne selbst bestimmen, in welchem Tempo und Umfang es den Bedürfnissen intersexueller Menschen nachkommen wolle, so die Richter.

EGMR, Urteil vom 31.01.2023 - 76888/17

Redaktion beck-aktuell, 31. Januar 2023 (dpa).