EGMR: Deutschland diskriminiert nichteheliche Kinder beim Erbrecht

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Deutschland erneut wegen einer Diskriminierung nichtehelicher Kinder im Erbrecht verurteilt. Die Straßburger Richter gaben am 09.02.2017 einer Frau Recht, der Ansprüche am Erbe ihres Vaters verwehrt worden waren (Az.: 29762/10). In Deutschland haben nichteheliche Kinder, die vor dem 01.07.1949 geboren worden sind und deren Vater vor dem 29.05.2009 gestorben ist, keine Rechte am Erbe des Verstorbenen. Die Klägerin ist davon betroffen.

Rechtssicherheit und Vertrauensschutz können Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen

Für eine solche Ungleichbehandlung brauche es sehr gewichtige Gründe, heißt es in dem Urteil. Die europäische Rechtsprechung und nationale Reformen tendierten nämlich klar dazu, alle erbrechtlichen Diskriminierungen von nichtehelichen Kindern abzuschaffen. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz könnten die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen – zumal der Verstorbene die Klägerin als sein Kind anerkannt hatte und die beiden in Kontakt standen. Die Witwe des Mannes wusste daher um die Existenz einer nichtehelichen Tochter.

Deutschland auch schon in Bezug auf weitergehende Vorgängerregelung verurteilt

Deutschland wurde 2009 bereits einmal vom Menschenrechtsgerichtshof wegen einer Diskriminierung nichtehelicher Kinder im Erbrecht verurteilt (DNotZ 2010, 136). Bis 2011 galt ein Gesetz, das einer noch größeren Gruppe von Menschen Rechte am Erbe des Vaters versagte.

EGMR, Urteil vom 09.02.2017 - 29762/10

Redaktion beck-aktuell, 9. Februar 2017 (dpa).

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