Die Forderung, den Namen eines Unfallfahrers im Online-Archiv einer belgischen Zeitung unkenntlich zu machen, verstößt dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zufolge nicht gegen die Meinungsfreiheit. Konkret ging es in dem Rechtsstreit um einen Artikel von “Le Soir“ über einen tödlichen Unfall im Jahr 1994. Der damalige Unfallfahrer hatte in Belgien erfolgreich seine Anonymisierung in dem Artikel eingeklagt, dagegen war der Chefredakteur der Zeitung vorgegangen.
EGMR bejaht Recht auf Vergessen
Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass man mit der Zeit die Chance haben solle, seine Reputation wiederherzustellen, und verwies auf das belgische Recht, vergessen zu werden. Der Unfallfahrer von damals sei keine Person des öffentlichen Lebens. Er habe seine Strafe bereits abgesessen und sei rehabilitiert. Eine Art elektronisches Strafregister dürfe es durch archivierte Texte nicht geben. Das Gericht verwies darauf, dass die Suche nach dem Namen des Fahrers unmittelbar den strittigen Artikel angezeigt hatte. Die Entscheidung der belgischen Gerichte, der Forderung nach Anonymisierung stattzugeben, sei verhältnismäßig gewesen. Auch mit unkenntlichem Namen könne der Artikel nach wie vor im Archiv gelesen werden.
EGMR, Urteil vom 22.06.2021 - 57292/16
Redaktion beck-aktuell, 22. Juni 2021 (dpa).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Belgien, Oberster Gerichtshof bejaht Recht auf Vergessenwerden bei Online-Archiv, Meldung der Redaktion MMR-Aktuell vom 24.09.2016, MMR-Aktuell 2016, 381288
Aus dem Nachrichtenarchiv
BGH verhandelt über Recht auf Vergessen im Internet, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 16.06.2020, becklink 2016606