Zypern: Auch Blauhelme müssen Miete zahlen

Zypern muss eine Frau entschädigen, weil Friedenstruppen der Vereinten Nationen jahrelang ihr Haus nutzten, das in der UN-Pufferzone zu Nordzypern gelegen ist. Miete hätte sie dafür schon bekommen müssen, meint der EGMR.

Weil UN-Friedenstruppen über Jahre ein Haus auf Zypern nutzten, muss der zypriotische Staat nun dessen Eigentümerin dafür entschädigen, sagt der EGMR. Die Truppen hatten kostenfrei das Haus genutzt, somit war auch nie eine finanzielle Kompensation an die Frau geflossen, was der Gerichtshof im Straßburg nun beanstandete (Urteil vom 16.01.2025 - 32879/18).

In der Rechtssache Ioannides gegen Zypern beschwerte sich Frau Ioannides darüber, dass ihr Haus in Nikosia, das sie - selbst britische Staatsbürgerin und im Vereinigten Königreich lebend - von ihrem Vater überschrieben bekommen hatte, ohne Gegenleistung genutzt worden war. Das Haus liegt in der durch die United Nations Peacekeeping Force in Cyprus kontrollierte Pufferzone. Diese trennt das Gebiet im Norden von der Republik Zypern im Süden der Insel. Die Pufferzone wurde im Zypern-Konflikt eingerichtet, der 1974 in einer Militärintervention der Türkei und der anschließenden Besetzung von etwa einem Drittel der Insel eskalierte. Seither ist die Insel in einen türkisch-zyprischen Norden und einen griechisch-zyprischen Süden geteilt. Die 1983 einseitig ausgerufene sogenannte "Türkische Republik Nordzypern" wird international nur von der Türkei anerkannt.

Keine Verletzung des Eigentums durch Sperrung von Pufferzone

2001 autorisierte die Regierung von Zypern die UN-Truppen, das Haus von Frau Ioannides zu nutzen. Eine finanzielle Kompensation wurde nicht vereinbart. Später forderte die Frau vom Staat eine "Vergütung zum aktuellen Marktwert" für die Nutzung des Hauses. Der Antrag wurde an den Mietfeststellungsausschuss des Bezirks weitergeleitet, der entschied, dass das Haus keinen Mietwert habe und der Staat sie durch die Instandsetzung des Hauses ausreichend entschädigt habe. Nach weiteren erfolglosen Versuchen, die Miete bei verschiedenen Behörden durchzusetzen, erhob Ioannides 2007 vor Gericht eine Zivilklage gegen den Staat auf Rückgabe ihres Eigentums, Schadensersatz wegen Hausfriedensbruchs und Zahlung von Mietrückständen. Nachdem sie vor den zypriotischen Gerichten keinen Erfolg gehabt hatte, wandte sie sich schließlich an den EGMR.

In seinem Urteil stellte der Gerichtshof mit einstimmigem Votum der Kammer zum einen fest, dass die Beschränkung des öffentlichen Zugangs zu dem Teil der Pufferzone, in dem sich das Haus von Frau Ioannides befand, keinen Verstoß gegen Artikel 1 des Protokolls Nr. 1 (Schutz des Eigentums) zur EMRK darstelle. Da Zypern keine wirksame Kontrolle über bestimmte Sektoren der Pufferzone habe und das Grundstück von Frau Ioannides in einem solchen unzugänglichen Teil dieser Zone liege, könne man dem Staat keinen Verstoß anlasten. Er habe gemäß seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen - insbesondere durch die Zusammenarbeit mit den Friedenstruppen - alles in seiner Macht Stehende getan, um das Recht von Frau Ioannides auf Zugang zu ihrem Haus zu wahren.

Gerichte hatten Mietanspruch nicht geprüft

Gleichwohl sah der EGMR einen Verstoß gegen Art. 1 des Protokolls Nr. 1 zur EMRK darin, dass Zypern sich weigerte, Ioannides Miete für die Nutzung ihres Hauses durch die Friedenstruppen zu zahlen. So habe der Staat, wenngleich keine territoriale Kontrolle, so doch die Möglichkeit gehabt, über Bedingungen für die Nutzung des Hauses (mit) zu bestimmen. Es stellte insbesondere fest, dass die nationalen Gerichte ihre Prüfung dieses Anspruchs auf einen Aspekt beschränkt hätten, nämlich die Verweigerung des Zugangs zu ihrem Haus aufgrund von Sicherheitsbeschränkungen. Sie hätten sich indes nicht mit ihrem Einverständnis mit der Nutzung ihres Hauses, ihren Bedingungen und einer dafür fälligen Miete beschäftigt.

Der EGMR verurteilte Zypern daher zu Schadensersatz in Höhe von 10.000 Euro, sowie Ersatz immaterieller Schäden in Höhe von 12.000 Euro.

EGMR, Urteil vom 16.01.2025 - 32879/18

Redaktion beck-aktuell, mam, 17. Januar 2025.