E-Mail-Anbieter muss keine Auskunft über Nutzerdaten geben

Nach negativen Bewertungen auf einer Internetplattform verlangte ein Unternehmen vom E-Mail-Anbieter der Nutzer deren Daten heraus, da vom Plattformbetreiber nur die E-Mail-Adressen zu erlangen waren. Laut OLG München bietet ein E-Mail-Anbieter aber keinen digitalen Dienst an und muss daher keine Auskunft geben.

Über eine Arbeitgeberin, ein Automobilunternehmen, wurden auf einer Bewertungsplattform negative Bewertungen abgegeben. Die Arbeitgeberin sah darin üble Nachrede, weil in den Bewertungen unwahre, rufschädigende Tatsachen behauptet würden. Sie verlangte deshalb vom Plattformbetreiber Auskunft über die Bestandsdaten der Nutzer, um gegen diese vorgehen zu können. Die Auskunft fiel allerdings schmal aus, da die Betreiberin mitteilte, dass bei ihr nur die E-Mail-Adressen gespeichert seien. Daraufhin wandte sich die Arbeitgeberin an den entsprechenden E-Mail-Hosting-Dienst und forderte von diesem nach § 21 Abs. 2 TDDDG Auskunft über Namen und Anschrift der Nutzer.

§ 21 Abs. 2 TDDDG – hinter der Abkürzung verbirgt sich das "Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz-Gesetz" – gibt gegenüber dem Anbieter von digitalen Diensten bei Verletzungen in einem absolut geschützten Recht durch bestimmte rechtswidrige Inhalte - unter anderem nach §§ 185 - 187 StGB strafbare Inhalte - einen Anspruch auf Auskunft über Bestandsdaten, soweit dies zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche erforderlich ist.

Der E-Mail-Anbieter argumentierte, § 21 Abs. 2 TDDDG sei auf ihn als ein interpersoneller Telekommunikationsdienst im Sinn des TKG nicht anwendbar. Ein Auskunftsanspruch sei daher nur nach § 174 TKG möglich, aber nicht für private Personen. Außerdem seien die Bewertungen nicht über den E-Mail-Dienst verbreitet worden, eine Kettenauskunft daher ausgeschlossen.

Das LG München I folgte der Argumentation des E-Mail-Anbieters nicht und verpflichtete diesen zur Auskunft. Es war der Ansicht, dass ein E-Mail-Anbieter ein Anbieter von digitalen Diensten sei und der Auskunftsanspruch auch nicht erfordere, dass der verletzende rechtswidrige Inhalt über den in Anspruch genommen Dienst veröffentlicht worden sei.

E-Mail-Anbieter kein Anbieter von digitalen Diensten

Das OLG München teilt die Auffassung des LG München I nicht und hat dessen Entscheidung aufgehoben sowie den Auskunftsantrag der Arbeitgeberin zurückgewiesen (Beschluss vom 26.08.2025 - 18 W 677/25 Pre e). Laut OLG ist ein E-Mail-Anbieter schon kein Anbieter von digitalen Diensten im Sinn des § 21 TDDDG. Was darunter zu verstehen sei, sei nicht im TDDDG definiert, aber im daher nach § 2 Abs. 1 TDDDG maßgeblichen DDG. Danach sei ein digitaler Dienst als ein Dienst im Sinne des Art. 1 Abs. 1 b) der Richtlinie (EU) 2015/1535 definiert, mithin als "elektronisch erbrachte Dienstleistung". Das LG meinte, aufgrund der weiten Begriffsfassung falle auch ein E-Mail-Anbieter darunter. Laut OLG folgt aber aus Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie i.V.m. Art. 2 c) der RL 2002/21/EG klar, dass TK-Dienste keine digitalen Dienste im Sinn des § 21 TDDDG sind.

Daran ändere sich nichts dadurch, dass die RL 2002/21/EG inzwischen durch die EECC-Richtlinie (EU) 2018/1972 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation ersetzt wurde. Denn ein E-Mail-Anbieter sei ein "interpersoneller Kommunikationsdienst" im Sinn der EECC-Richtlinie, der in den Regelungsbereich für elektronische Kommunikationsdienste falle und somit kein digitaler Dienst im Sinn des § 21 TDDDG sei. Zudem führt das OLG gegen die Anwendung des § 21 TDDDG auf E-Mail-Anbieter auch die Systematik des TDDDG an, das unterschiedliche Regelungen für den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und für den Datenschutz bei digitalen Diensten beinhalte.

Dass die Regelung auf einen E-Mail-Anbieter nicht anwendbar sei, habe auch einen sachlichen Grund, so das OLG weiter. Denn für die Abgabe der Bewertungen sei nicht der E-Mail-Dienst, sondern die Bewertungsplattform genutzt worden. Eine Kettenauskunft bis zum letzten Anbieter in der Kette, bei dem Name und Adresse des Verletzers gespeichert seien, würde den Kreis der auskunftsverpflichteten Diensteanbieter erheblich ausweiten. Von einem solch weiten Kreis gehe aber auch der Gesetzgeber nicht aus, so das OLG unter Verweis auf einen Diskussionsentwurf des Bundesjustizministeriums für ein Gesetz zur Stärkung der privaten Rechtsverfolgung im Internet.

Schutzlücken sollen geschlossen werden

Das LG hatte für eine Kettenauskunft auf den Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs verwiesen, dem Anspruchsteller eine effektive Verfolgung seiner zivilrechtlichen Ansprüche zu ermöglichen. Der Anspruch aus § 21 TDDDG wäre regelmäßig wertlos, wenn er nur gegen den Dienst gerichtet werden könnte, der für den rechtsverletzenden Inhalt genutzt worden sei, da bei den Plattformen oft nur Fantasie-Nutzerdaten sowie eine E-Mail-Adresse vorhanden seien, erläuterte es.

Das OLG sieht zwar die vom LG aufgezeigten Schutzlücken. Diese könnten aber nicht dadurch geschlossen werden, dass E-Mail-Anbieter im Widerspruch zur Systematik des TDDDG zusätzlich den Regelungen für Anbieter digitaler Dienste unterworfen wird. Auch der Gesetzgeber gehe davon aus, dass E-Mail-Anbieter derzeit nicht nach § 21 TDDDG zur Auskunft verpflichtet sind. Eine Schließung der Schutzlücken plane er nicht durch eine Ausdehnung der Auskunftspflicht auf E-Mail-Anbieter; vielmehr solle auch über IP-Adressen Auskunft gegeben werden müssen.

OLG München, Beschluss vom 26.08.2025 - 18 W 677/25 Pre

Redaktion beck-aktuell, hs, 2. September 2025.

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