Durchsuchungen bei Gauland wegen Verdachts auf Steuerhinterziehung

Wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung ist die Wohnung des AfD-Bundestagsfraktionschefs Alexander Gauland in Potsdam durchsucht worden. Wie ein Fraktionssprecher auf Anfrage bestätigte, hielt sich der 78-Jährige aufgrund einer Erkältung am 30.01.2020 nicht im Plenum des Bundestages auf, sondern war zu Hause, als die Beamten zur Durchsuchung anrückten.

Zuvor Immunität aufgehoben

Kurz zuvor hatte der Bundestag Gaulands Immunität aufgehoben und damit zugleich die Polizeiaktion genehmigt. Die AfD-Fraktion enthielt sich bei der Abstimmung.

Meldeanschriften des Politikers im Fokus

Angeordnet hatte die nach mehreren Stunden beendete Maßnahme die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main. Bei den Durchsuchungen gehe es um Meldeanschriften des Politikers in Frankfurt am Main und in Brandenburg, sagte eine Sprecherin.

Fraktionssprecher: Ermittlungsmaßnahmen "ungerechtfertigt und unverhältnismäßig"

Fraktionssprecher Christian Lüth erklärte, man erachte das Ermittlungsverfahren und die Ermittlungsmaßnahmen als "ungerechtfertigt und unverhältnismäßig". Es handele sich wohl um eine vierstellige Summe und um mögliche Fehler bei der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung mit seiner Ehefrau. Gauland ist mit ihr zwar noch verheiratet, lebt aber seit vielen Jahren getrennt mit einer neuen Lebensgefährtin in Potsdam; die Noch-Ehefrau wohnt in Frankfurt.

Ermittlungen wegen "privaten Steuerfehlers" aufgenommen

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hatte im Jahr 2019 Ermittlungen gegen Gauland wegen eines "privaten Steuerfehlers" aufgenommen und die Aufhebung der Immunität beantragt. Lüth hatte Ende März 2019 getwittert, dass es sich "lediglich um einen Fehler in seiner Steuererklärung" handele. 

Herausgeber der "Märkischen Allgemeinen Zeitung"

Gauland ist ehemaliges CDU-Mitglied und war Staatssekretär in Hessen. 1993 wurde er Herausgeber der "Märkischen Allgemeinen Zeitung" in Potsdam, ein Posten, den er bis 2005 behielt. Über seine wirtschaftlichen Verhältnisse sagte Gauland einmal in einem Interview: "Ich habe eine sehr gute Pension."

Vor allem wohl Papiere mitgenommen

Die Beamten dürften aus seiner Wohnung vor allem Papiere mitgenommen haben. Denn Gauland ist, was die Nutzung von Computern angeht, bekennender technischer Analphabet. Er schreibt selbst keine E-Mails und ist auch in den sozialen Medien nicht präsent.

Auch Immunität der CDU-Abgeordneten Karin Strenz aufgehoben

Zudem stimmte das Parlament in einem anderen Fall für die Aufhebung der Immunität der CDU-Abgeordneten Karin Strenz aus Mecklenburg-Vorpommern. Auch hier wurde gleichzeitig der Vollzug gerichtlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse genehmigt.

Ermittlungen zu aus Aserbaidschan stammenden Geldern

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main teilte mit, dass unter anderem gegen ein namentlich nicht genanntes Bundestagsmitglied ermittelt werde. Hintergrund sind demnach mutmaßlich aus Aserbaidschan stammende Gelder, die an Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarats geflossen sein sollen, der das Bundestagsmitglied angehörte.

Auch AfD-Abgeordneter Thomas Seitz genießt keine Immunität mehr

Gauland ist in seiner Fraktion nicht der erste Abgeordnete, dessen Immunität aufgehoben wurde. Erst Mitte Januar 2020 hatte der Bundestag die Immunität des baden-württembergischen AfD-Abgeordneten Thomas Seitz aufgehoben, um die Fortsetzung eines Disziplinarverfahrens gegen den früheren Freiburger Staatsanwalt zu ermöglichen.

Redaktion beck-aktuell, Jörg Ratzsch und Anne-Beatrice Clasmann , 31. Januar 2020 (dpa).

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