Diskussion um polizeilichen Zugriff auf Corona-Gästedaten

Seit die Restaurants wegen der Coronaschutzverordnungen die Kontaktdaten ihrer Gäste erheben, hat die Polizei bereits mehrfach auf diese Besucherlisten zugegriffen, um in Strafsachen zu ermitteln. In der Öffentlichkeit besteht die Sorge, dass Kunden darauf mit der Angabe falscher Kontaktdaten reagieren könnten, was den Sinn der Erhebung – die Nachverfolgung potenziell infizierter Personen und damit die Eindämmung der Infektionsverbreitung – beeinträchtigen würde.

Strafbehörden wollen Straftaten aufklären

Die Strafverfolgungsbehörden berufen sich auf die §§ 160 ff und 94 StPO: Danach ist die Polizei gehalten, Straftaten aufzuklären. Als Bundesrecht geht dies den Corona-Verordnungen der Länder vor. Dazu kann sie die Listen sicherstellen, wenn sie von den Gastwirten freiwillig herausgegeben werden. Anderenfalls kann sie sie beschlagnahmen. "Gerade Kapitalverbrechen müssen sorgfältig ausermittelt werden, damit der Täter seine gerechte Strafe erhält," erklärte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) heute gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Datenschutz der Gäste

Für Baden-Württemberg hatte der Innenminister Thomas Strobl (CDU) eine entsprechende Praxis ebenfalls gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe ausgeschlossen. Zurückhaltung forderte auch der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Bei allem Verständnis für innere Sicherheit, ich gehe davon aus, dass die Daten genauso verwendet werden, wie es auf den Formularen draufsteht."

Richtervorbehalt vorgeschlagen

Schon in der letzten Woche hatte sich der Datenschutzbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz, Dieter Kugelmann, zu Wort gemeldet. Er forderte, die Verwendung der Daten zur Strafverfolgung ausschließlich mit richterlichem Beschluss zu erlauben. Nur wenn eine hohe Hürde für den Zugriff auf die Listen aufgebaut werde, bestünde für Gäste und Wirte Klarheit. Die Beteiligten könnten sich dann auch sicher sein, dass ihre Daten nicht wegen eines Bagatelldelikts herausgegeben werden – das erhöhe die Akzeptanz für die Maßnahmen der Polizei, so der Datenschützer.

Klarheit für Gastwirte

Der Gaststättenverband DEHOGA schließlich verlangte eindeutige und einheitliche Regelungen über die Verwendung der Daten zum Schutz seiner Mitglieder. Wenn die Gäste wegen der polizeilichen Abfragen der Listen zunehmend Vorbehalte gegen die Registrierung hätten, seien Konflikte der Gastwirte mit ihnen zu erwarten. Das Thema sei "hochgradig sensibel" erklärte die Hauptgeschäftsführerin der DEHOGA, Ingrid Hartges, am gestrigen Donnerstag gegenüber der "Rheinischen Post".

Redaktion beck-aktuell, 31. Juli 2020.