Das Kurzgutachten "Zur rechtlichen Notwendigkeit von Landesgesetzen für Antidiskriminierung" der Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung Ferda Ataman kommt zu dem Schluss: Auf Landesebene bestehen gravierende Lücken im Diskriminierungsschutz – obwohl die Länder für zentrale Lebensbereiche zuständig sind. Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, hätten auf Länderebene kaum Möglichkeiten, sich rechtlich dagegen zu wehren. Nur Berlin verfüge bislang mit dem Landesantidiskriminierungsgesetz über ein Regelwerk.
Ataman mahnt: "Momentan haben wir die absurde Situation, dass Menschen im Supermarkt besser vor Diskriminierung geschützt sind als in der Schule oder auf dem Amt. Der Staat setzt somit für sich selbst niedrigere Standards als für die Privatwirtschaft." Besonders im Bildungsbereich bestehe dringender Handlungsbedarf. Ataman betont, dass Diskriminierung in staatlichen Einrichtungen in vielen Formen auftrete – etwa durch sexuelle Belästigung, Antisemitismus oder rassistisches Mobbing. Besonders betroffen seien Schülerinnen und Schüler, Eltern, Studierende und Lehrkräfte. Diese dürften mit solchen Vorfällen nicht alleine gelassen werden.
EU-Recht verlangt Diskriminierungsschutz in allen Lebensbereichen
Ataman sieht in dem Berliner Gesetz ein Vorbild für andere Bundesländer. Die Antidiskriminierungsbeauftragte erinnert daran, dass sich Deutschland zur vollständigen Umsetzung der EU-Antidiskriminierungsrichtlinien verpflichtet hat. Diese verlangen von allen Mitgliedstaaten, Diskriminierung umfassend zu bekämpfen – auch im öffentlichen Sektor, und der sei eben überwiegend Ländersache.
Klare gesetzliche Regelungen im Rahmen von Landesantidiskriminierungsgesetzen sowie entsprechende Gerichtsentscheidungen könnten außerdem zur Rechtssicherheit beitragen und das Vertrauen in den Rechtsstaat stärken.
In einer eigenen Studie zum Thema Polizei hatte die Antidiskriminierungsstelle zuvor bereits auf umfassende Diskriminierungsrisiken hingewiesen. Diese können laut Untersuchung in nahezu allen Bereichen polizeilichen Handelns auftreten – etwa bei Personenkontrollen, der Anzeigenaufnahme oder im Gewahrsam. Auch Polizistinnen und Polizisten selbst könnten Diskriminierung erfahren, etwa durch kollegiale oder institutionelle Strukturen. Ataman betonte, dass Vertrauen in die Polizei zentral für den demokratischen Rechtsstaat sei – und dies nur durch Transparenz, Kontrolle und Respekt gegenüber allen Menschen entstehen könne.