Digitaler Zivilprozess: Entwurf für Online-Verfahren vorgestellt

Das Bundesjustizministerium hat einen Entwurf für ein Gesetz zur Digitalisierung des Zivilprozesses veröffentlicht. Zur Erprobung der Neuerungen sollen Reallabore für die Justiz geschaffen werden. Ziel ist es, Zahlungsansprüche mit geringem Streitwert in einem digitalen Verfahren geltend machen zu können.

Der "Entwurf eines Gesetzes zur Entwicklung und Erprobung eines Online-Verfahrens in der Zivilgerichtsbarkeit" wolle ein einfaches und nutzerfreundliches Verfahrens schaffen, daneben aber auch die Arbeit der Gericht effizienter gestalten, indem der Prozessstoff mittels digitaler Werkzeuge strukturiert erfasst werden kann, so das Ministerium in seiner Pressemitteilung.

Geplant ist, Rechtsstreitigkeiten vor den Amtsgerichten zu digitalisieren, gegenwärtig also bis zu einem Streitwert von 5.000 Euro. In sogenannten Masseverfahren wie beispielsweise im Bereich von Fluggastrechten sollen Eingabesysteme und technische Standards für eine schnelle und ressourcenschonende Bearbeitung sorgen. Auch die Urteilsverkündung und die Publikation von veröffentlichungswürdigen Entscheidungen sollen vereinfacht werden. Anträge und Erklärungen sollen zukünftig unmittelbar über eine Kommunikationsplattform abgegeben werden, wobei das Ministerium es auch ermöglichen will, Dokumente durch die Parteien und das Gericht gemeinsam bearbeiten zu lassen. Vorgesehen ist außerdem ein bundeseinheitlicher Zugang über ein Bund-Länder-Justizportal für Onlinedienstleistungen.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sieht in dem Entwurf einen weiteren Schritt zur Digitalisierung der Justiz. Das Gesetz schaffe die Grundlage für neue digitale Kommunikationsformen im Zivilprozess, wodurch die Justiz moderner und effizienter und der Zugang zu den Gerichten erleichtert werde. "Vieles in unserem Alltag erledigen wir bereits ganz selbstverständlich online - die Justiz darf hier keine Ausnahme sein", so Buschmann.

Probe in Reallaboren

Mit sogenannten Reallaboren will das Ministerium Testräume schaffen, um neue Technologien befristet und unter realen Bedingungen zu erproben, heißt es in der Mitteilung weiter. Buschmann sagte, man wolle die Neuerungen zunächst an einzelnen Gerichten erproben, ehe das Verfahren zum Standard im Zivilprozess werden soll. Die Anwaltschaft solle durch die bestehende Infrastruktur des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) in den Test einbezogen werden.

Das Justizministerium sieht vor, die Zivilprozessordnung für die Reallabore um ein 12. Buch zu ergänzen. Diese Ergänzung werde das Prozessrecht dann generell für eine Erprobungsgesetzgebung öffnen und könne durch weitere Experimentierklauseln und Reallabore ergänzt werden. Die Testphase des Online-Verfahrens ist auf einen Zeitraum von 10 Jahren angelegt, wobei vier sowie acht Jahre nach Inkrafttreten erneut evaluiert werden soll.

Mit dem Entwurf plant das Ministerium, eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen. Zudem verständigte sich die Ampel-Koalition darauf, die gerichtliche Durchsetzung von Kleinforderungen in zivilrechtlichen Verfahren zu erleichtern. Die Koalition setzte als Ziel fest, dass einzelne Gerichte auf Grundlage einer neuen gesetzlichen Regelung im Jahr 2025 vollständig digital geführte Zivilverfahren erproben.

Redaktion beck-aktuell, js, 11. Juni 2024.