Dieselskandal: Software-Updates mit unzulässiger Manipulationssoftware?

Die juristische Aufarbeitung des Dieselskandals hat noch immer kein Ende. Offenbar sind die Software-Updates, die VW zur Beseitigung der unzulässigen Abschalteinrichtungen hatte aufspielen lassen, ebenfalls mit einer unzulässigen Manipulationssoftware versehen. Dies haben drei Oberlandesgerichte festgestellt, wie die im Verbraucherschutzrecht tätige Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte aus Nürnberg mitteilt.

Erneute Täuschung durch VW - Neuer Haftungstatbestand

VW habe seine Kunden mit dem Aufspielen entsprechender Software-Updates erneut getäuscht, schließt die Kanzlei aus den Entscheidungen der drei Oberlandesgerichte (OLG Köln, Urteil vom 18.12.2020, Az.: 20 U 288/19, BeckRS 2020, 35968; OLG Bremen, Urteil vom 15.01.2021, Az.: 2 U 9/20; OLG Hamm, Urteil vom 19.01.2021, Az.: 19 U 1304/19). Es handele sich um einen völlig "neuen" Haftungstatbestand, der mit dem Ursprungsverhalten VWs bei der Manipulation der EA189-Dieselmoren bei der Herstellung nichts zu tun habe.

Argumentation des BGH im Zusammenhang mit Ad-hoc-Mitteilung greift nicht mehr

Neue Möglichkeiten eröffneten sich aufgrund der Entscheidungen Käufern, die bei Erwerben nach dem 22.09.2015 von der Abgasmanipulation und demgemäß von der Notwendigkeit eines Software-Updates Kenntnis hatten. Der BGH hatte in seinem Urteil vom 30.07.2020 einen Schadenersatzanspruch wegen der umfangreichen Aufklärungsmaßnahmen von VW seit der Herausgabe der sogenannten Ad-hoc-Mitteilung am 22.09.2015 verneint (NJW 2020, 2798). Diese Wertung passe allerdings nicht mehr, wenn VW das Software-Update erneut bewusst mit Manipulationsvorrichtungen versehen hat, so Rechtsanwalt Marcus Hoffmann. Der Täuschungsvorsatz könne nicht entfallen, wenn die ursprüngliche Täuschung durch eine neue Täuschung ersetzt werde.

Ansprüche bei Erwerb in Kenntnis aufgespielten Software-Updates möglich

Die Tragweite der Entscheidungen gehe über die durch die Oberlandesgerichte entschiedenen sogenannten Ad-hoc-Fälle noch hinaus, meint die Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner. Der obergerichtlich anerkannte neue Haftungstatbestand aufgrund von Manipulationen im Zuge des Software-Updates erhöhe die Chancen auf Schadloshaltung in vielen Konstellationen. Insbesondere sollten Fahrzeugerwerber, die beim Kauf bereits von dem eingespielten Software-Update Kenntnis hatten und glaubten, dass damit alle gesetzlichen Erfordernisse erfüllt seien, ihre Ansprüche verfolgen. Dem Urteil des OLG Köln (BeckRS 2020, 35968) habe eben diese Sachverhaltskonstellation zugrunde gelegen und VW sei zu Schadensersatz verurteilt worden.

Einfluss der Entscheidungen auf Verjährungsproblematik

Auch die Verjährungsproblematik lasse sich in anderen Sachverhalten zugunsten der Geschädigten lösen, meint die Kanzlei. Denn es dürfte VW gemäß § 242 BGB verwehrt sein, sich auf eine zu späte Tätigkeit der Betroffenen zu berufen, die sie durch ein erneut rechtswidriges Verhalten gerade selbst verursacht hat.

OLG Köln, Urteil vom 18.12.2020 - 20 U 288/19

Redaktion beck-aktuell, 5. Februar 2021.