Dienstgericht: AfD-Mann Maier soll in Ruhestand versetzt werden

Der als rechtsextrem eingestufte frühere AfD-Bundestagsabgeordnete und Richter Jens Maier soll in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden. Das Leipziger Dienstgericht erklärte einen entsprechenden Antrag des sächsischen Justizministeriums für zulässig. Wer durch staatliche Behörden als Rechtsextremist angesehen werde, könne kein glaubwürdiger Repräsentant der Justiz mehr sein, argumentierte Justizministerin Katja Meier (Grüne).

Vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestuft

Maier wird vom Verfassungsschutz in Sachsen als Rechtsextremist eingestuft, klagt dagegen allerdings. Er hatte sein Mandat bei der Bundestagswahl 2021 verloren und wollte danach in den Richterdienst zurückkehren. Seitdem beschäftigt sein Fall die sächsische Justiz. Anfang des Jahres wies das Justizministerium den AfD-Politiker zwar dem AG Dippoldiswalde zu, wo Maier Mitte März seinen Dienst antrat. Gleichzeitig beantragte es beim Dienstgericht für Richter allerdings Maiers Versetzung in den Ruhestand. Zudem erreichte das Ministerium per Eilantrag, dass der 60-Jährige bis zu einer Entscheidung kein Recht sprechen durfte.

Maier keine "für das Richteramt geeignete Person"

In der mündlichen Verhandlung am Donnerstag ging das Gericht alle Äußerungen Maiers einzeln durch, die das Justizministerium zusammengetragen hatte. Dazu zählten Tweets auf seinem Account oder auch Wahlkampfreden. Auch eine Kranzniederlegung zum Gedenken an die Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg wurde aufgeführt. Zitiert wurde unter anderem ein Tweet, in dem der Sohn von Boris Becker rassistisch beleidigt worden war. Die in diesem und anderen Tweets verwendeten Begriffe seien abwertend und rassistisch, sagte Richter John in seiner Urteilsverkündung. Aus all den Äußerungen ergebe sich, dass Maier "eine nicht für das Richteramt geeignete Person" sei. Es komme für das Gericht auch nicht darauf an, ob es sich um Ironie oder Satire handeln könne, wie Maiers Anwalt Jochen Lober teils argumentiert hatte.

"Nach dem Urteil ist vor dem Urteil"

In Gerichtsverfahren könnten die Parteien nicht mehr darauf vertrauen, dass Maier verfassungstreu, unparteiisch und ohne Ansehen der Person urteile, sagte John. Die Richter folgten damit weitgehend der Argumentation des sächsischen Justizministeriums, das sich auf § 31 Richtergesetz berufen hatte. Danach kann ein Richter auch in den Ruhestand versetzt werden, "wenn Tatsachen außerhalb seiner richterlichen Tätigkeit eine Maßnahme dieser Art zwingend gebieten, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden". Der Verteidiger Lober hatte im Prozess von einer "Ansammlung von Phrasen, Unterstellungen, letztlich Erfindungen" gesprochen. Das Ministerium habe zudem in "ehrabschneidender Weise" nicht zutreffende Behauptungen über Maier aufgestellt. Es lese Dinge in die Äußerungen, die dort nicht stünden. Nach dem Urteil sagte Lober: "Nach dem Urteil ist vor dem Urteil." Er werde sich noch mit seinem Mandanten besprechen, "aber Sie können davon ausgehen, dass wir dagegen vorgehen werden." Maier kann in Revision vor das Dienstgericht des Bundes ziehen. Sachsens Justizministerin Meier sprach dagegen von einem bundesweit richtungsweisenden Urteil.

Disziplinarverfahren am LG Dresden

Parallel zur Verhandlung vor dem Dienstgericht läuft am LG Dresden ein Disziplinarverfahren gegen den Ex-Abgeordneten. Dabei könnte es auch um die Frage gehen, ob Maier seine Dienstbezüge verliert. Allerdings könnte sich auch dieses Verfahren über mehrere Instanzen ziehen. Generell sind Verfahren gegen Richter extrem selten. Ministerin Meier sprach Anfang des Jahres von einem "absoluten juristischen Neuland". Umso aufmerksamer dürfte das Ministerium vor einigen Wochen einen ähnlichen Fall in Berlin verfolgt haben. Dort entschied ein Dienstgericht, dass die Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann nicht in den Ruhestand versetzt wird. Die Reden im Bundestag seien laut Grundgesetz geschützt und dürften zu keinen dienstlichen Sanktionen führen, hieß es zur Begründung.

DienstG Leipzig, Urteil vom 01.12.2022 - 66 DG 2/22

Redaktion beck-aktuell, 2. Dezember 2022 (dpa).