Dienstentfernung einer JVA-Beamtin nach Liebesbeziehung zu Gefangenem

Eine Beamtin einer Justizvollzugsanstalt (JVA), die über mehrere Monate eine Liebesbeziehung zu einem Gefangenen eingegangen war und ihm dabei mehrere Nacktfotos von sich übersandt hatte, ist aus dem Dienst zu entfernen. Durch die Möglichkeit der Erpressbarkeit bestehe eine Gefährdungslage für den Strafvollzug, entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz mit Urteil vom 15.06.2020 und bestätigte damit das vorinstanzliche Urteil.

JVA-Beamtin unterhielt Liebesbeziehung zu Gefangenem

Im Dezember 2017 wurden bei einer Postkontrolle in einer JVA zahlreiche Briefe gefunden, die eine Justizvollzugsbeamtin mit einem damaligen Gefangenen ausgetauscht hat, sowie mehrere Nacktfotos von ihr. Auf die Klage des Landes hat die landesweit zuständige Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts die Justizvollzugsbeamtin aus dem Dienst entfernt, weil diese gegen das als Kernpflicht von Bediensteten im Strafvollzug ausgestaltete Zurückhaltungsgebot (Distanzgebot) verstoßen habe. Die Beamtin sei über mehrere Monate eine Liebesbeziehung zu einem Gefangenen eingegangen. Hierbei sei es unter Verschleierung der wahren Identität zu umfangreichem Briefverkehr – unter anderem mit Offenbarung sexueller Vorlieben und Phantasien sowie einer avisierten gemeinsamen Zukunft - sowie zur Überlassung von Nacktfotos von ihr gekommen. Ferner habe die Beamtin ein Armband und ein T-Shirt des Gefangenen unerlaubt mit nach Hause genommen.

VG: Beamtin nicht mehr tragbar im öffentlichen Dienst

Eine Offenbarung der Beziehung und des Briefkontakts durch die Beamtin gegenüber der Anstaltsleitung sei nicht erfolgt. Damit habe sie ein schweres Dienstvergehen begangen und sich insgesamt als untragbar für den öffentlichen Dienst erwiesen. Sie habe aus eigensinnigen Motiven verantwortungslos eine Gefährdungslage für den Strafvollzug geschaffen und dabei alle Kollegen schwer hintergangen, was einer Vertrauensbasis sowohl aus Sicht des Dienstherrn als auch aus Sicht der Allgemeinheit die Grundlage entziehe.

Gericht betonte Gefahr der Erpressbarkeit

Indem sie dem Gefangenen Nacktaufnahmen von sich überlassen habe, habe sie sich in erheblicher Weise erpressbar gemacht. Selbst nachdem der Gefangene verlegt und das Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei, habe sie über Dritte versucht, ihr distanzloses Verhalten zum Gefangenen aufrechtzuerhalten. Schließlich habe die Beklagte sich bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung völlig uneinsichtig insbesondere hinsichtlich des Umstands ihrer Erpressbarkeit gezeigt. Das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Dienstverrichtung in der Zukunft sei damit nachhaltig zerstört. 

OVG bestätigt Dienstentfernung wegen schweren Dienstvergehens

Mit ihrer gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil eingelegten Berufung machte die Beamtin geltend, sie habe keine sexuelle oder sonstige intime Beziehung zu dem Gefangenen gehabt. Außerdem sei sie im Jahr 2016 wegen einer akuten Belastungsreaktion und einer Anpassungsstörung in ärztlicher Behandlung gewesen. Das OVG hat die Berufung der Beamtin zurückgewiesen. Es stehe fest, dass die Justizvollzugsbeamtin über mehrere Monate eine sexuelle beziehungsweise Liebesbeziehung zu dem Gefangenen eingegangen sei. Dies ergebe sich unzweifelhaft aus den aufgefundenen Briefen. Die Angaben sowohl des Gefangenen als auch der Beamtin selbst erschienen demgegenüber als nicht glaubhaft. Hiervon ausgehend teile das Gericht die Rechtsauffassung der Vorinstanz, dass die Beamtin ein schweres Dienstvergehen begangen habe, das ihre Entfernung aus dem Dienst erfordere. Für eine verminderte Steuerungsfähigkeit der Beamtin seien keine hinreichenden Anhaltspunkte erkennbar.

OVG Koblenz, Urteil vom 15.06.2020 - 3 A 11024/19

Redaktion beck-aktuell, 16. Juni 2020.