Deutscher Richterbund beklagt wachsende Gehaltskluft zwischen Justiz und Privatwirtschaft

Richter und Staatsanwälte verlieren im Gehaltsvergleich mit Juristen in Unternehmen und großen Anwaltskanzleien immer mehr den Anschluss, meldet der Deutsche Richterbund (DRB). Dies habe eine Studie der Kienbaum Consultants International GmbH ergeben. Die Gehälter von Mitarbeitern ohne Führungsrolle in Wirtschaft und in Kanzleien hätten sich im 25-Jahres-Vergleich etwa verdoppelt. Zum Vergleich habe der Zuwachs bei den Einkommen für Berufseinsteiger in der Justiz zwischen 1992 und 2017 lediglich 50% betragen. Eine kurzsichtige Besoldungspolitik verschärfe ohnehin bestehende Nachwuchssorgen, warnt der DRB.

Schere klafft auseinander

Wer heute als lediger Richter oder Staatsanwalt in den Beruf einsteige, erhalte im bundesweiten Durchschnitt rund 48.000 Euro brutto im Jahr, zitiert der DRB aus der Studie. Ein vergleichbarer Prädikatsjurist in einem Unternehmen verdiene nach den Zahlen Kienbaums hingegen im Mittel 87.000 Euro jährlich, während ein Anwalt in einer Großkanzlei auf der ersten Karrierestufe im Schnitt sogar 118.000 Euro pro Jahr erhalte. Der 25-Jahres-Vergleich verdeutliche die Dramatik der Entwicklung: Verdienten junge Richter und Staatsanwälte 1992 noch 10.000 Euro weniger im Jahr als vergleichbare Juristen in Unternehmen, betrage die Differenz heute fast 40.000 Euro. Hinkten die Einstiegsgehälter der Justizjuristen vor 25 Jahren knapp 30.000 Euro hinter den Einkünften in Großkanzleien her, sei der Gehaltsvorsprung der Anwälte heute auf knapp 70.000 Euro pro Jahr gewachsen. Diese Schere entwickle sich im weiteren Berufsleben immer weiter auseinander, da sich die Gehälter bei Anwälten und Unternehmensjuristen mit zunehmender Erfahrung um ein Vielfaches stärker entwickelten als bei Richtern und Staatsanwälten.

Auch Pensionierungswelle verknappt Juristen

Angesichts dieser Entwicklung werde es immer schwerer, junge Juristen für eine Laufbahn als Richter oder Staatsanwalt zu gewinnen, warnte DRB-Besoldungsexperte und Präsidiumsmitglied Marco Rech. Dabei brauche die Justiz gerade in den nächsten Jahren verstärkt Nachwuchs, weil eine gewaltige Pensionierungswelle auf Gerichte und Staatsanwaltschaften zurolle.

Streichungen, Kürzungen und Nichtübertragung der Tarifabschlüsse

Die Besoldungspolitik vieler Länder sei kurzsichtig und drohe auf Dauer die hohe Qualität der Justiz zu gefährden, wird Rech in der Mitteilung zitiert. Nun räche es sich, dass die Tarifabschlüsse für Angestellte im öffentlichen Dienst in der Vergangenheit wiederholt nicht zeit- und wirkungsgleich auf die Richterbesoldung übertragen worden seien. Zudem seien Besoldungsbestandteile wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld in zahlreichen Bundesländern ganz oder zum überwiegenden Teil gestrichen worden. Auch im Beihilfebereich habe es immer wieder Kürzungen gegeben.

DRB fordert bundesweit angemessene Bezahlung

Große Sorgen bereitet es dem Richterbund zudem, dass die Kluft zwischen den Bundesländern bei der Besoldung seit Jahren wächst. So habe ein junger lediger Richter oder Staatsanwalt ohne Kinder im Land Baden-Württemberg für die gleiche Arbeit im Jahr 2017 fast 6.000 Euro weniger als sein Kollege im benachbarten Bayern erhalten. Im Saarland habe der junge Justizjurist im Jahr 2017 sogar über 11.000 Euro weniger verdient. Im Wettbewerb um die besten Nachwuchsjuristen drohten insbesondere die Länder am Ende der Besoldungstabelle den Anschluss uneinholbar zu verlieren. Der DRB werde deshalb weiterhin entschieden für eine bundeseinheitliche amtsangemessene Besoldung streiten.

Redaktion beck-aktuell, 9. Februar 2018.