Zu langsam: Deutscher Anwaltverein übt Kritik an Nachlassgerichten

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat unter Anwälten eine Umfrage zur Verfahrensdauer bei Nachlassgerichten durchgeführt. Das Ergebnis: Wartezeiten seien zu lang, die Arbeitsfähigkeit der Gerichte in Gefahr. Lösungsvorschläge präsentiert der DAV auch.

Für die Umfrage befragte der Verein 539 Anwältinnen und Anwälte, Notarinnen und Notare sowie Justizangehörige. Das Ergebnis bestätigt laut DAV den vorherrschenden Eindruck, dass "sich die Dauer von eigentlich simplen Abläufen bei den Nachlassgerichten im Vergleich zur Vergangenheit enorm verlängert hat". So heißt es in einer Pressemitteilung des Verbands.

Insbesondere Wartezeiten seien ein großes Problem. So soll beispielsweise die Eröffnung der Testamente in beinahe der Hälfte der Fälle zwei Monate oder länger dauern, selbst wenn eine notarielle Verfügung im Zeitpunkt eines Erbfalls bei einem Nachlassgericht hinterlegt war, so der DAV. "Noch schlimmer" seien die Wartezeiten, wenn es kein notarielles Testament gebe und nach der Testamentseröffnung noch ein Erbschein beantragt werden müsse. So dauere die Erteilung eines Erbscheins "selbst in unstreitigen Fällen" dann laut der Umfrage in 40 Prozent der Verfahren länger als sechs Monate. Solche Verzögerungen könnten für Erbinnen und Erben zu "erheblichen wirtschaftlichen Schäden" führen, so der Verband.

Die Umfrage habe auch ergeben, dass sowohl die Zufriedenheit der Anwältinnen und Anwälte als auch die der Justizangehörigen im Vergleich zur Vergangenheit deutlich abgenommen habe. Der DAV antizipiert durch den zunehmenden Personalmangel der Justiz gar eine weitere Verschlechterung der bemängelten Wartezeiten.

Mehr Digitalisierung, schnellere Prozesse

Für eine "langfristige und nachhaltige Lösung" brauche es daher dringend eine umfassende Digitalisierung der Justiz, schlägt der DAV vor. Bis diese erreicht sei, könne eine Verbesserung jedoch auch durch "vermeintlich banale Dinge" erreicht werden. So könne ein Testament schneller eröffnet werden, wenn die Gerichte keine umfangreiche Ermittlungsarbeit mehr leisten müssten. Dafür müssten in Testamenten auch vollständige Angaben zu den gesetzlichen und testamentarischen Erben gemacht werden, so der DAV.

Zudem schlägt der DAV vor, einem Erbscheinsantrag in unstreitigen Fällen direkt eine Zustimmungserklärung der sonstigen Beteiligten beizufügen, sodass Nachlassgerichte den Erbschein direkt ohne Anhörung der Beteiligten erteilen könnten. Es sei "höchste Zeit, dass jetzt schnell etwas zur Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit unserer Nachlassgerichte unternommen wird", heißt es in der Mitteilung. Man werde den Dialog mit Vertreterinnen und Vertretern der Justiz und der Notarkammer suchen. 

Redaktion beck-aktuell, js, 15. April 2025.

Mehr zum Thema