Deutsche Journalistin Mesale Tolu kommt aus Untersuchungshaft in Türkei frei

Mehr als sieben Monate nach ihrer Festnahme in der Türkei kommt die deutsche Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu unter Auflagen aus der Untersuchungshaft frei. Die Türkei darf sie jedoch nicht verlassen. Das Istanbuler Gericht ordnete am 18.12.2017 zwar die Freilassung von Tolu und fünf weiteren inhaftierten Angeklagten an, verhängte jedoch ein Ausreiseverbot.

Bundesregierung moniert Ausreiseverbot

Die Bundesregierung nahm die Gerichtsentscheidung positiv auf. "Sie ist aus der Untersuchungshaft. Sie ist draußen, und das ist eine tolle Sache", sagte die Sprecherin des Auswärtigen Amtes, Maria Adebahr. Die Freude der Bundesregierung sei allerdings getrübt, weil Tolu offenbar die Türkei nicht verlassen dürfe.

Verfahren gegen Tolu geht weiter

Tolu wird bis zu einem Urteil auf freien Fuß gesetzt. Das Verfahren gegen die Journalistin und 17 türkische Angeklagte wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation geht jedoch weiter. Mit Terrororganisation ist die linksextreme MLKP gemeint, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Tolu drohen 20 Jahre Haft

Der aus Ulm stammenden Tolu drohen nach Angaben ihrer Anwälte bis zu 20 Jahre Haft. Die Angeklagten fordern ihren Freispruch. Prozessauftakt war am 11.10.2017 gewesen. Tolu sagte nach Angaben von Beobachtern am 18.12.2017 bei ihrer Verteidigung vor Gericht: "Ich wurde verhaftet, weil ich Journalistin bin und beabsichtigt wurde, Druck auf die Medien auszuüben. Der Druck auf die Medien wurde fortgesetzt, aber ich denke, dass die Justiz gerecht entscheiden wird."

Viele Reporter von Gerichtsverhandlung ausgeschlossen

Die meisten türkischen und deutschen Reporter waren am 18.12.2017 von der Verhandlung ausgeschlossen. Als Grund gaben die Sicherheitskräfte im zentralen Gerichtsgebäude in Istanbul an, der Saal sei voll. Größere Säle seien belegt.

Günter Wallraff bei Verhandlung anwesend

Als Beobachter im Verhandlungssaal nahmen die Linke-Abgeordnete Heike Hänsel, der deutsche Botschafter Martin Erdmann und der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff teil. Hänsel und Wallraff hatten vor Verhandlungsbeginn Tolus Freilassung aus der Untersuchungshaft gefordert.

Tolu in Istanbul für kleine linke Nachrichtenagentur tätig

Die 33-jährige Tolu arbeitete in Istanbul für die kleine linke Nachrichtenagentur Etha. Sie ist eine von mindestens neun Deutschen,
die aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert sind und deren Freilassung die Bundesregierung forderte. Namentlich bekannt aus dieser Gruppe ist neben Tolu nur der "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel, der seit Februar 2017 ohne Anklage in U-Haft sitzt.

Menschenrechtler Steudtner zuvor aus Untersuchungshaft entlassen

Zuletzt war am 26.10.2017 der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner aus der Untersuchungshaft entlassen worden, was als Zeichen der Entspannung im belasteten deutsch-türkischen Verhältnis gewertet worden war. Steudtner war am Tag darauf nach Berlin ausgereist. Sein Verfahren in Istanbul wird aber fortgesetzt.

Redaktion beck-aktuell, 18. Dezember 2017 (dpa).

Mehr zum Thema