Bahn-Tochter tritt als alleinige Klägerin auf
Die EU-Kommission hatte den Lkw-Bauern MAN, Daimler, DAF, Iveco und Volvo/Renault fast vier Milliarden Euro Bußgeld aufgebrummt, aber die Frage offen gelassen, ob den Käufern der Lastwagen ein Schaden entstanden ist. Für die jetzt verhandelte Klage hat die Deutsche Bahn eine Tochterfirma gegründet und als Inkassodienstleisterin registriert. Sie hat sich Schadenersatzansprüche nicht nur von Bahn-Tochtergesellschaften wie Schenker, sondern auch von Konkurrenten wie dem Logistikkonzern Kühne + Nagel, vielen anderen Transport- und Handelsunternehmen und der Bundeswehr abtreten lassen und tritt im Prozess jetzt als alleinige Klägerin auf. Das Gericht sieht die Gefahr, dass diese Bündelung von konzerneigenen und externen Ansprüchen zu Interessenkonflikten führt und damit gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstößt.
38.500 Fahrzeuge in einer Klage
Die Vorsitzende Richterin Gesa Lutz erklärte, kaum begründete oder verjährte Ansprüchen könnten kombiniert werden mit wohlbegründeten. Für die Bahn könnte es sich lohnen, "viele Ansprüche reinzupacken". Zudem sei ein Teil der Forderungen eher pauschal, sogar "Schätzvorgänge" seien dabei. Das Gericht müsse wissen, "wer hat wann was von wem genau zu welchem Preis gekauft oder gemietet". Das sei nicht immer klar, "schon gar nicht für die Bundeswehr". Bei der Klage geht es um rund 38.500 Fahrzeuge, vom Kleintransporter über Unimogs, Militärlastwagen mit Zusatzausrüstung bis zu Sattelschleppen und Flughafenbussen.
Kläger-Anwalt: Ausführungen der Richterin teilweise "erstaunlich"
Die Bahn-Anwälte argumentierten, die Forderungen der Kläger seien weitgehend gleich. Sie hätten sich freiwillig zusammengetan, um ihr "Recht auf Schadenersatz" durchzusetzen. Aber "viele Nebelkerzen scheinen hier zu verfangen", sagte ein Kläger-Anwalt und bewertete die Ausführungen der Richterin als teilweise "erstaunlich".
Schaden für Käufer der Fahrzeuge?
Die Anwälte der Lkw-Hersteller stellten in Frage, dass den Käufern der Fahrzeuge überhaupt ein Schaden entstanden ist. Zum anderen seien die Abtretungen von Ansprüchen an die Bahn-Tochter nichtig, sagten sie und verwiesen auf Parallelen zur mit Abstand größten Schadenersatz-Klage gegen die Kartellanten. Die hatte das LG München I im Februar abgewiesen. Rund 3.000 Speditionen und Transportunternehmen hatten ihre Forderungen an die Inkassofirma Financialright abgetreten, die dann als alleiniger Kläger aufgetreten war und samt Zinsen 867 Millionen Euro verlangt hatte. Diese Form des Masseninkassos ist nach dem Urteil der Münchner Kammer jedoch gesetzeswidrig; die Abtretung der Ansprüche sei nichtig. Financialright hat Berufung beim Bundesgerichtshof eingelegt. Der Prozess der DB-Tochter gegen das Lkw-Kartell wird am 24.09.2020 fortgesetzt.