Deniz Yücel verklagt Türkei auf Haftentschädigung

Der "Welt"-Reporter Deniz Yücel, der in der Türkei ein Jahr in Untersuchungshaft saß, verklagt die türkische Regierung auf Zahlung einer Entschädigung von umgerechnet etwa 400.000 Euro. Yücel hätte dafür, dass er als Journalist seine Arbeit tat, nicht einmal festgenommen werden dürfen, sagte sein Anwalt Veysel Ok der Deutschen Presse-Agentur am 30.08.2018. "Die Regierung und das Gericht müssen einen Preis zahlen für diese Ungerechtigkeit."

Unter anderem Schmerzensgeld wegen Freiheitsberaubung gefordert

Die Summe setze sich zusammen aus Entschädigungen für Verdienstausfälle und Anwaltskosten sowie Schmerzensgeld wegen Freiheitsberaubung, so Yücels Anwalt. Weiter sagte er, er habe bereits Klage eingereicht. In der Klageschrift, die der dpa vorliegt, heißt es unter anderem, Yücel sei unter "unmenschlichen Bedingungen" festgehalten worden. Reporter ohne Grenzen hatte am 29.08.2018 berichtet, dass Yücel von der Türkei eine Haftentschädigung fordern wolle.

Verfahren wegen Terrorvorwürfen gegen Yücel geht weiter

Im Februar 2018 war Yücel aus der U-Haft freigelassen worden und durfte ausreisen. Im Gefängnis Silivri bei Istanbul saß er lange und ohne Anklageschrift in Einzelhaft. Gleichzeitig mit seiner Entlassung aus dem Gefängnis wurde Anklage erhoben. Das Verfahren geht weiter. Der Vorwurf lautet unter anderem "Propaganda für eine Terrororganisation". Ihm drohen bis zu 18 Jahre Haft.

Anwalt: Präzedenzfall für andere Journalisten schaffen

Die erste Anhörung in Yücels Klage gegen die Türkei - die Klage richtet sich an das Schatzamt - erwartet sein Anwalt für den 25.09.2018. Man wolle auch einen Präzedenzfall setzen für andere Journalisten, "die illegal ohne ordentliche Beweise" festgehalten worden seien.

Bei Nichtentschädigung Klage beim EGMR

Er kündigte an, dass Yücel und er sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden würden, sollten sie in der Türkei keine Entschädigung erhalten. Die Inhaftierung von Yücel und weiteren Deutschen aus "politischen Gründen" hatte 2017 zu einer schweren Krise zwischen Berlin und Ankara geführt.

Redaktion beck-aktuell, 30. August 2018 (dpa).

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