DAV zum Asylrecht: Geforderte Sanktionen bei unterlassener Mitwirkung im Widerrufsverfahren verstoßen gegen EU-Recht

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) kritisiert die geplanten Sanktionen bei Verstößen gegen die asylrechtliche Mitwirkungspflicht im Widerrufs- und Rücknahmeverfahren und die Forderung der SPD nach einer zusätzlichen Verschärfung durch Regelung einer gesetz­lichen Vermutung, wonach im Falle einer unterlassenen Mitwirkung der Asylantrag als zurückgenommen und der Schutz­status als erloschen gelte. Dies sei mit dem geltenden EU-Recht unvereinbar, so der DAV in einer Pressemitteilung vom 07.08.2018.

Gesetzentwurf und Verschärfungsforderung der SPD

Wie der DAV erläutert, hat das Bundes­ka­binett am 01.08.2018 einen Gesetz­entwurf beschlossen, der die Mitwir­kungs­pflicht von inter­na­tional Schutz­be­rech­tigten im Widerrufs- und Rücknah­me­ver­fahren regelt, inklusive entspre­chender Sanktionen bei Verstößen. Die SPD-Fraktion fordere darüber hinaus, die Sanktionsmöglich­keiten dahin­gehend zu verschärfen, dass ein Unter­lassen der Mitwirkung zur gesetz­lichen Vermutung führt, dass der Asylantrag als zurückgenommen und der Schutz­status als erloschen gilt.

DAV: SPD-Forderung verstößt klar gegen EU-Recht

Diese Forderungen verstoßen laut DAV gegen EU-Recht. Die Voraussetzungen für Rücknahme und Widerruf des Flüchtlingsschutzes seien in zwei EU-Richtlinien abschließend geregelt. Die Vorschriften seien unmittelbar anwendbar, sodass sich der Einzelne auf sie berufen könne. Sie bildeten den Rahmen, in dem sich gesetzliche Regelungen der EU-Mitgliedstaaten zu bewegen hätten. Ein "Verstoß gegen Mitwirkungspflichten" sei nach den EU-Richtlinien kein möglicher Erlöschensgrund für den Schutzstatus. Erweiterungen des abschließenden Katalogs durch nationale Regelungen verstießen gegen vorrangiges Unionsrecht und dürften daher nicht angewandt werden.

Unzulässige Beweislastumkehr auch bereits durch geplante Sanktionen

Nach geltendem Recht könne der zugesprochene Schutzstatus aberkannt werden, wenn die Person beispielsweise nicht mehr schutzberechtigt ist (oder es nie war). Dies müssten die Mitgliedstaaten – ungeachtet bereits geltender Mitwirkungspflichten – nachweisen. Eine Beweislastumkehr, wie sie die SPD-Fraktion fordere, verstoße gegen diese Grundsätze. Und bereits durch eine Einführung scheinbar harmloser Sanktionen bei unterlassenen Mitwirkungspflichten, wie vom Kabinett gefordert, würde eine solche Beweislastumkehr mittelbar geschaffen.

Redaktion beck-aktuell, 8. August 2018.

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