DAV weiterhin besorgt um türkische Anwaltschaft

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) blickt weiterhin mit großer Sorge auf die Lage der Anwaltschaft in der Türkei. Die Situation habe sich auch 2019 nicht verbessert. Erst vor wenigen Tagen seien 18 Anwältinnen und Anwälte der Progressive Lawyers Association (ÇHD) und des Peoples‘ Law Office (HHB) zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden – wegen des Vorwurfs der Unterstützung, Mitgliedschaft und Gründung von terroristischen Organisationen. ÇHD und HHB seien zwei wichtige Anwaltsorganisationen in der Türkei, die sich unter anderem gegen Folter einsetzen. Internationale Prozessbeobachter hätten anschließend erklärt, das Gericht habe die Anträge und Erklärungen der Verteidigung ignoriert. Zudem bemängelten sie eklatante Verstöße gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens.

DAV-Präsidentin: Türkische Anwaltschaft gezielt im Fokus des türkischen Staats

"Der 5. April ist in der Türkei bekannt als ‚Tag des Rechtsanwalts‘ – dies ist für uns ein wichtiger Anlass, um erneut zu betonen, dass die freie und unabhängige Berufsausübung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten in einem Rechtsstaat unverzichtbar ist", so DAV-Präsidentin Edith Kindermann. Die türkische Anwaltschaft stehe ganz gezielt im Fokus des türkischen Staats, denn ohne Anwälte verblieben Oppositionellen und Menschenrechtsaktivisten kaum Möglichkeiten, um sich gegen staatliche Repressalien zu wehren.

Seit Mitte 2016 über 1.500 Anwälte strafrechtlich verfolgt

Human Rights Watch wird laut DAV in der kommenden Woche einen umfassenden Bericht zur alarmierenden Lage der Anwaltschaft in der Türkei veröffentlichen. Darin werde berichtet, dass seit Juli 2016 insgesamt 1.546 Anwälte strafrechtlich verfolgt wurden. Fast 600 Anwältinnen und Anwälte seien verhaftet und 274 davon zu langen Haftstrafen verurteilt worden – die durchschnittliche Haftdauer betrage sieben Jahre.

DAV unterzeichnet Appell an türkische Regierung gegen Verfolgung von Anwälten

Gemeinsam mit mehr als 20 internationalen Anwaltsorganisationen habe der DAV aus diesem Grund zum 05.04.2019 einen vom Rat der Europäischen Anwaltschaften initiierten Appell an die türkische Regierung mit der Aufforderung unterzeichnet, die Rechtsstaatlichkeit zu wahren und die Verfolgung von Anwälten einzustellen. Alle Anwälte, die zu Unrecht wegen der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit inhaftiert wurden, müssten unverzüglich freigelassen werden. "Wir werden die Situation der Anwaltschaft in der Türkei weiterhin genau beobachten und stehen gemeinsam mit der türkischen Anwaltskammer UTBA an der Seite unserer Kolleginnen und Kollegen", so DAV-Präsidentin Kindermann.

Redaktion beck-aktuell, 8. April 2019.

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