Verbände sehen Handlungsbedarf für stabilen Zugang zum Recht
"Der Zugang zum Recht für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen ist im Grundgesetz verankerte Daseinsvorsorge", sagte DAV-Präsidentin Edith Kindermann. "Gerade während der Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Justiz den Menschen effektiven Rechtsschutz gewährt", erklären die DRB-Vorsitzenden Barbara Stockinger und Joachim Lüblinghoff. Ein Erfolgsmodell könne der Rechtsstaat nur bleiben, wenn die Justiz für ihre wachsenden Aufgaben gut genug besetzt und technisch zeitgemäß ausgestattet ist. In beiden Punkten bestehe weiterhin Handlungsbedarf.
Rechtsstaatspakt 2.0 gefordert
Die Berufsverbände fordern daher einen Rechtsstaatspakt 2.0, der den Personalaufwuchs und die Digitalisierung in der Justiz vorantreiben und die Anwaltschaft einbeziehen soll. Die Corona-Pandemie habe erhebliche Defizite bei der Digitalisierung offengelegt, sagte Lüblinghoff. "Es müssen nicht nur die technischen Voraussetzungen in vielen Gerichten deutlich verbessert werden, etwa durch Videoanlagen und Webcams – vor allem braucht es einheitliche Standards bei der Videotechnik für Gerichtsverhandlungen in den Bundesländern", ergänzte Kindermann. Im Lichte der Digitalisierung gehörten zudem die Verfahrensordnungen auf den Prüfstand.
Berufsgeheimnis wirksam schützen
Für die Anwaltschaft besonders wichtig sei der absolute Schutz des Berufsgeheimnisses. Der Schutz der anwaltlichen Berufsausübung vor staatlicher Kontrolle liege aber nicht nur im Interesse der Anwaltschaft und der Rechtsuchenden, sondern auch im Interesse der Allgemeinheit an einer rechtsstaatlich geordneten und funktionierenden Rechtspflege.
Kritik an "Stakkato-Gesetzgebung"
Die Verbände monieren, dass die Bundesregierung in den vergangenen vier Jahren vielfach eine "Gesetzgebung im Stakkato" praktiziert habe, bei der die betroffenen Berufsgruppen nicht immer ausreichend eingebunden worden seien. Die Eilverfahren hätten sich nicht erst anlässlich der Corona-Krise gehäuft. Mangelhafte Transparenz, zu kurze Beteiligungsfristen und fehlende Praxistests schadeten aber der Akzeptanz der Gesetzgebung insgesamt, warnen DRB und DAV. Die neue Bundesregierung müsse der Qualitätskontrolle durch Experten während des Gesetzgebungsverfahrens wieder einen höheren Stellenwert einräumen.