DAV sieht Verbesserungsbedarf bei grenzüberschreitender Zustellung von Schriftstücken und Beweisaufnahmen

Die Europäische Kommission hat eine öffentliche Konsultation über die Modernisierung der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen in der EU, insbesondere zur Überarbeitung der Zustellungsverordnung 1393/2007/EG und der Beweisaufnahmeverordnung 1206/2001/EG durchgeführt. Der Deutsche Anwaltverein sieht in seiner Stellungnahme vom 26.03.2018 einen punktuellen Verbesserungsbedarf bei den beiden Verordnungen. Zudem hält er zivilverfahrensrechtliche Mindeststandards auch in weiteren Bereichen für erforderlich.

DAV: Verbesserungsbedarf bei grenzüberschreitenden Beweisaufnahmen und Zustellungen

Nach Ansicht des DAV haben sich die beiden Verordnungen über die Zustellung von Schriftstücken und der Verordnung über die Beweisaufnahme in der Praxis grundsätzlich bewährt und die grenzüberschreitende justizielle Zusammenarbeit erleichtert. Punktuell gebe es allerdings noch Verbesserungsbedarf. Dies betreffe unter anderem die oft nicht unverzüglich und effizient durchgeführte Unterstützung der gemäß den beiden Verordnungen zuständigen zentralen Behörden, wenn Probleme bei der justiziellen Zusammenarbeit auftreten. Außerdem sei die Beweisaufnahme in einem anderen Mitgliedstaat zu langwierig und bürokratisch. Hierbei würde es das Verfahren beschleunigen, wenn ein Gericht eines Mitgliedstaates im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates unmittelbar und ohne vorherige Zustimmung dieses Mitgliedstaates Beweise erheben könnte, sofern keine Zwangsmittel angewendet werden. Bei der Zustellung von Schriftstücken sollten zuständige Personen (zum Beispiel Gerichtsvollzieher) in sämtlichen Mitgliedstaaten direkt aus dem Ausland mit der Zustellung beauftragt werden können.

Stärkere Nutzung elektronischer Mittel bei Zustellungen und einfachen Beweisaufnahmen zu befürworten

Der DAV hält es für richtig, dass die stärkere Nutzung moderner Kommunikationstechnologie im Rahmen des Anwendungsbereichs der beiden Verordnungen erwogen wird. Gerade bei der Kommunikation zwischen Behörden, die an der grenzübergreifenden justiziellen Zusammenarbeit beteiligt seien, sollte dies standardmäßig vorgesehen sein. Auch die grenzüberschreitende Zustellung sollte standardmäßig elektronisch erfolgen. Im Rahmen der grenzüberschreitenden Beweiserhebung könne zwar zum Beispiel in Ausnahmefällen bei einfachen Sachverhalten die Durchführung einer Videokonferenz sinnvoll sein, damit eine im Ausland ansässige Person nicht persönlich bei einem ausländischen Gericht erscheinen müsse. Bei umfangreichen Beweiserhebungen (etwa ausführliche Einsichtnahme von Dokumenten oder Gegenständen) wäre die Durchführung einer Videokonferenz hingegen nicht geeignet. Dies sollte nach Ansicht des DAV bei einer möglichen Überarbeitung der Beweisaufnahmeverordnung beachtet werden.

DAV fordert zivilverfahrensrechtliche Mindeststandards auch in anderen Bereichen

Der DAV hält es zudem für erforderlich, dass auch in anderen Bereichen als der Zustellung von Schriftstücken oder der Beweisaufnahme zivilverfahrensrechtliche Mindeststandards gesetzt werden. Grundlage für Mindeststandards könnten die umfangreichen Arbeiten des Projekts ELI/Unidroit sein. Der DAV befürwortet die Einführung von Mindeststandards etwa in folgenden Bereichen: Bei der Prozessführung sollten Schriftsatzfristen vereinheitlicht werden. Bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten sollte außerdem eine ausländische Partei zumindest auf Antrag insbesondere wegen des erheblichen Mehraufwands durch Übersetzungen eine angemessene Fristverlängerung erhalten können. Gerichtliche Gutachten, die in einem anderen Mitgliedstaat zu vergleichbaren Beweisfragen unter Zugrundelegung von vereinheitlichten Mindeststandards eingeholt würden, sollten, soweit auch da Mindeststandards eingehalten würden, auch von den anderen Gerichten anerkannt werden. Das fördere die Prozesswirtschaftlichkeit. Weiter sollte einheitlich festgelegt werden, dass die Anlagen zur Klage in allen Mitgliedstaaten zugestellt werden müssen. Dies stärke ein faires Verfahren für alle Prozessbeteiligten. Ferner sollten Anwaltskosten im angemessenen Rahmen, etwa nach einem gesetzlich festgelegten Tarif, in allen Mitgliedstaaten erstattungsfähig sein.

Redaktion beck-aktuell, 4. April 2018.

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