DAV sieht bei geplantem Hinweisgeberschutzgesetz Nachbesserungsbedarf

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt den Referen­ten­entwurf des Bundesjustizministeriums für ein Hinweisgeber­schutz­ge­setz (HinSchG), sieht in seiner Stellungnahme dazu aber noch Klarstellungsbedarf beim persönlichen Anwendungsbereich und beim Verhältnis zu anderen Regelungen. Auch fordert der DAV einen Vorrang interner Meldungen.

DAV: Entwurf schafft Rechtsklarheit

Mit dem Gesetz soll die Whistleblower-Richtlinie (EU) 2019/1937 umgesetzt werden, die bereits zum 17.12.2021 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen. Den Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums begrüßt der DAV in seinem Ansinnen. "Der Entwurf schafft in diesem wichtigen Bereich der Compliance endlich Rechts­klarheit und beendet zumindest die Unsicherheit, wie die Regelungen der EU-Richtlinie nach Ablauf der Umsetzungsfrist anzuwenden sind" betont DAV-Hauptge­schäfts­führerin Sylvia Ruge.

Aber noch weiterer Klarstellungsbedarf

Einige Probleme blieben nach Einschätzung des DAV jedoch bestehen: "Unklar ist in vielen Konstel­la­tionen schon, wer sich überhaupt auf den Schutz berufen kann, denke man beispielsweise an Leihar­beit­nehmer:innen im Verhältnis zum Entleiher oder an ausgeschiedene Angestellte", so Ruge. Auch das Verhältnis zu anderen Regelungen, die ebenfalls einen Schutz von Hinweis­gebern verfolgen (etwa Arbeits­schutz­gesetz, Gesetz zum Schutz vor Geschäfts­ge­heim­nissen, DS-GVO), müsse im weiteren Verfahren dringend klarge­stellt werden. Überschnei­dungen und Widersprüche würden sonst zu Rechts­un­si­cherheit bei Hinweis­gebern, Unternehmen und Betroffenen führen.

DAV fordert Vorrang interner Meldungen

Sinnvoll wäre es laut DAV auch, durch entspre­chende Anreize die in der Richtlinie angelegte Priori­sierung einer internen gegenüber der externen Meldung zu übernehmen – anstatt mit einer Wahlfreiheit über das Ziel hinaus­zu­schießen. "Wir befinden uns in einem Spannungsfeld: Dem berech­tigten Anliegen der Aufdeckung von Missständen steht der ebenso berechtigte Schutz von Betriebs­ge­heim­nissen entgegen", so Ruge. "Interne Behand­lungen vergrößern die Chance einer schnellen Behebung des Problems und einer Gesichts­wahrung für alle Beteiligten – auch im Fall eines Irrtums." Sofern der Gesetzgeber selbst keine Anreize setzen möchte, eine interne Meldung vorrangig vorzunehmen, sollte zumindest den Beschäf­ti­gungs­gebern mit internen Meldestellen die Möglichkeit eigener Anreize eröffnet werden.

Redaktion beck-aktuell, 17. Mai 2022.