DAV: Bestehendes Unterhaltsrecht festigt wechselseitige Abhängigkeiten
“Unser Ziel ist es, die Unterhaltsdebatte in Deutschland neu zu beleben“, sagt der Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Ulrich Schellenberg. “Das deutsche Unterhaltsrecht ist nicht nur eines der teuersten, sondern vor allem eines der kompliziertesten in Europa“, so Schellenberg weiter. Der Vorschlag zeige Alternativen auf, die auch der Laie verstehen kann. Nach Ansicht des DAV schafft das bestehende Unterhaltsrecht noch immer zu geringe Anreize für die geschiedenen Ehegatten, nach einer gescheiterten Ehe eigenverantwortlich die Zukunft zu gestalten. “Das bestehende Unterhaltsrecht festigt wechselseitige Abhängigkeiten zwischen den Betroffenen“, sagt Schellenberg. Der lebenslange Unterhalt sollte nach Ansicht des DAV die Ausnahme, ein befristeter Unterhalt hingegen die Regel sein. Eine grundsätzliche Zeitbeschränkung der Zahlung führe zu einer besseren Planbarkeit und Klarheit für beide früheren Eheleute.
Reformvorschlag sieht nur noch drei Unterhaltstatbestände vor
Im Kern besteht der Reformvorschlag des DAV darin, die derzeitigen sieben sogenannten Unterhaltstatbestände auf nur noch drei zu reduzieren. Der Reformvorschlag sieht demnach nur noch den Betreuungsunterhalt, den Kompensationsunterhalt und den Übergangsunterhalt vor. Der Betreuungsunterhalt sehe folgendes vor: In den ersten drei Jahren nach der Geburt eines gemeinsamen Kindes müsse der betreuende Elternteil keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Mache er es doch, werden Einkünfte daraus auf seinen Unterhaltsanspruch nicht angerechnet. Für den betreuenden Elternteil solle damit ein Anreiz geschaffen werden, sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen. Der Kompensationsunterhalt verfolge das Ziel, die finanziellen Nachteile, die ein Ehegatte auf Grund der Rollenverteilung in der Ehe erlitten hat, auszugleichen.
Eheliche Lebensverhältnisse für Kompensationsunterhalt nicht maßgebend
Die Höhe dieses Unterhaltsanspruchs werde nicht an den “ehelichen Lebensverhältnissen“ bemessen. Grundlage solle stattdessen das hypothetische Einkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten sein, das dieser – die Ehe und deren Rollenverteilung hinweggedacht – nach Auflösung der Ehe erzielen würde. Der Übergangsunterhalt schließlich werde für eine Übergangszeit nach der Ehe gewährt und gebe dem unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten die Möglichkeit, seinen Lebensstandard ohne große Brüche auf das “angemessene Maß“ zu reduzieren. Maßstab sei das Lebensniveau, welches der Unterhaltsberechtigte aus eigener Erwerbstätigkeit erreichen könne, so Schellenberg. Der Übergangsunterhalt solle in der Regel einen Zeitraum von zwei Jahren nicht überschreiten und orientiere sich in der Höhe an den ehelichen Lebensverhältnissen.