DAV kritisiert ungarisches Gesetz zur Strafbarkeit von Flüchtlingshilfe

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) ist besorgt über die mögliche Reichweite des neuen ungarischen Gesetzes zur Strafbarkeit von Flüchtlingshilfe, wie es durch Ungarns Präsidenten János Áder unterzeichnet wurde. Dies geht aus einer Mitteilung vom 05.07.2018 hervor. Durch das Gesetz werde unter anderem die Förderung von illegaler Einwanderung durch "organisatorische Tätigkeiten" unter Strafe gestellt. Davon umfasst könnten bereits die Bereitstellung von Informationsmaterial und die Einleitung von Asylverfahren sein. Der DAV ist der Auffassung, dass Gesetze weder in ihrer Umsetzung noch in ihrer Auslegung so verstanden werden dürfen, dass anwaltlicher Rechtsbeistand unter Strafe gestellt wird.

Schellenberg: Kein Platz für staatliche Kriminalisierung

"Dort, wo sich Personen auf ihre Grundrechte berufen und Beistand ersuchen, ist kein Platz für eine staatliche Kriminalisierung anwaltlicher Beratung. Dies wäre unvereinbar mit rechtsstaatlichen Grundsätzen und würde den Zugang zum Recht in unverhältnismäßiger Weise einschränken", betonte DAV-Präsident Ullrich Schellenberg.

Mangelnde Bestimmtheit und Vorhersehbarkeit problematisch

Auch die Europäische Kommission für Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission) des Europarats kritisiert in einem Gutachten aus der vergangenen Woche das ungarische Gesetz. Dieses gehe in seiner Sanktionierung – nicht nur der Förderung illegaler Migration, sondern der Hilfe bei der Einleitung von Asylverfahren – sowie generell in seiner mangelnden Bestimmtheit und Vorhersehbarkeit weit über die durch die Richtlinie 2002/90/EG eröffnete Möglichkeit hinaus, Förderung von illegaler Migration mit Gewinnerzielungsabsicht unter Strafe zu stellen.

Konkrete Anwendung und Auslegung des Gesetzes entscheidend

Die Bedeutung des Gesetzespakets für die Anwaltschaft in Ungarn hänge nun entscheidend von der konkreten Anwendung und Auslegung des Gesetzes ab, heißt es in der Mitteilung des DAV. In Solidarität mit den Rechtsanwälten in Ungarn erwarte der DAV eine Klarstellung, dass anwaltlicher Rechtsbeistand nicht unter Strafe gestellt wird.

Redaktion beck-aktuell, 6. Juli 2018.

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