DAV kritisiert Regierungsentwurf zum Lieferkettengesetz

Der Deutsche Anwaltverein kritisiert in einer Stellungnahme den Regierungsentwurf für ein Lieferkettengesetz. Der Entwurf sei in weiten Teilen zu unbestimmt und würde den Unternehmen unabsehbare Schadensersatzrisiken auferlegen. Auch erscheine der Zeitpunkt für ein nationales Gesetz angesichts einer absehbaren EU-weiten Regelung fraglich. Insbesondere fehle es auch an einer Berücksichtigung der Anwaltschaft in der Lieferkette.

DAV: Gesetzentwurf ist verfassungsrechtlich bedenklich

“Der DAV stimmt dem erklärten Ziel des Entwurfs zu, dass deutsche Unternehmen in einer Verantwortung stehen, auch in den internationalen Lieferketten auf die Wahrung von Menschenrechten und Umweltschutzprinzipien zu achten“, betont Stefan von Raumer, Vorsitzender des DAV-Menschenrechtsausschusses einleitend. Im Hinblick auf die Unbestimmtheit und Fülle weitreichender bußgeldbewehrter Bestimmungen begegnet der Gesetzentwurf nach Auffassung des DAV jedoch verfassungsrechtlichen Bedenken.

Begrifflichkeiten und Verpflichtungen sind zu unbestimmt

“Bereits die Definition des Begriffs der Lieferkette ist so weit gezogen, dass sie dem Unternehmen im Grunde die Lieferkettenverantwortung für jegliche von ihm erworbenen Maschinen und Anlagen, sämtliche Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und alle von ihm bezogenen Leistungen auferlegt, bis hin zur Lieferkette der EDV-Anlage, der Büromaterialien und der Energielieferung“, mahnt Gerd Krieger, Vorsitzender des Ausschusses Handelsrecht. Hinzu kämen Verweise auf einen umfangreichen Katalog internationaler Abkommen. "Der Gesetzgeber sollte die ihm obliegende Konkretisierung völkerrechtlicher Konventionen nicht den Unternehmen aufbürden oder den mit der Durchsetzung befassten Stellen überlassen", meint Rechtsanwältin Birgit Spießhofer, Vorsitzende des Ausschusses Corporate Social Responsibility und Compliance. “Vielmehr sollte er selbst klarstellen, was von Unternehmen erwartet wird.“

Schadensersatzrisiken müssen nochmals geprüft werden

Mit dem Lieferkettengesetz sollte nach Ansicht des DAV nach dem erklärtem politischen Willen keine Schadensersatzhaftung deutscher Unternehmen einhergehen. Der Entwurf schaffe aber für die betroffenen Unternehmen unabsehbare Schadensersatzrisiken. Hier brauche es eine ausdrückliche Klarstellung im Gesetz. Falls nun doch eine Schadensersatzhaftung gewollt sei, wäre eine rein deutsche Regelung vor einer EU-weiten Lösung problematisch, da hier eine Wettbewerbsbenachteiligung deutscher Unternehmen entstünde, so der DAV.

DAV fordert Berücksichtigung der Anwaltschaft im Gesetz

Die besondere Betroffenheit der Anwaltschaft in der Lieferkette sei zudem in keiner Weise berücksichtigt, so der DAV weiter. Weder Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte noch andere Berufsgeheimnisträger würden im Entwurf oder der Begründung erwähnt. Die besonderen Anforderungen, die sich aus der Stellung der Anwaltschaft als Organ der Rechtspflege einschließlich ihrer Verpflichtung zur Vertraulichkeit ergeben, würden nicht beachtet. Angesichts umfangreicher Kontrollmechanismen und Offenlegungspflichten entlang der Lieferkette brauche es aber eine Ausnahme für die Anwaltschaft – zumindest soweit der Kernbereich der anwaltlichen Tätigkeit, die Beratung von Mandanten und ihre Vertretung in Rechtsangelegenheiten betroffen sei.

Redaktion beck-aktuell, 13. April 2021.