DAV zum Koalitionsvertag: Law and Order auf Kosten der Freiheit?

In einer Stellungnahme zum Koalitionsvertrag von Union und SPD zieht der Deutsche Anwaltverein (DAV) ein gemischtes Fazit: Zwar strebe die neue Koalition eine moderne Justiz an, opfere aber an vielen Stellen zugunsten vermeintlicher Sicherheit Freiheiten und Rechtsschutz.

So begrüßt der DAV etwa ausdrücklich die geplante Fortsetzung des Pakts für den Rechtsstaat, inklusive zahlreicher Digitalisierungsvorhaben der Justiz. Gerade die digitale Rechtsantragsstelle, die nun unter dem Stichwort "Moderne Justiz" etabliert werden soll, habe man seit langem gefordert. Es sei allerdings unbedingt notwendig, bei Reformvorhaben zur Rechtspflege die Anwaltschaft einzubeziehen, so DAV-Präsident Stefan von Raumer. Auch dürfe es keinesfalls zu Rechtswegverkürzungen kommen. Man würde diese Entwicklung vonseiten des DAV im Blick behalten.

Auch inhaltlich gebe es einige Vorhaben, die zuversichtlich stimmten, heißt es in der Stellungnahme weiter. So sei etwa die Einführung eines Mutterschutzes für Selbstständige ebenso begrüßenswert wie die grundsätzliche Absicht, das Strafrecht zu entschlacken.

Weniger Freiheit, mehr Überwachung

In der neuen schwarz-roten Koalition soll sich vor allem im Bereich der inneren Sicherheit viel ändern. Besonders kritisch blickt der DAV dabei auf die erhebliche Ausweitung der Überwachungs- und Ermittlungsbefugnisse. Das bedeute auch eine Ausweitung der Eingriffe in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger, heißt es vom Verband. 

Vor diesem Hintergrund sei es besonders notwendig, dass eine Überwachungsgesamtrechnung auch als Korrektiv in den Gesetzgebungsprozess überführt würde, so von Raumer. Die Überwachungsgesamtrechnung ist schon lange eines der Themen, für die der DAV sich einsetzt. Dabei sollen die Befugnisse von Polizei- und Sicherheitsbehörden nicht einzeln, sondern summiert betrachtet werden und als solche verhältnismäßig sein.

Was dem Verband ebenfalls nicht gefällt: Der Rechtsschutz für Geflüchtete soll an mehreren Stellen eingeschränkt werden. So sieht der DAV in der Abschaffung des Amtsermittlungsgrundsatzes in Asylverfahren erhebliche Rechtseinbußen, ebenso in der Tatsache, dass vor einer Abschiebung künftig kein Rechtsbeistand mehr beigeordnet werden soll.

Auffällige Lücken im Koalitionsvertrag

Zudem moniert der Verband auch, dass viele wichtige Themen es nicht auf die Agenda der Koalitionäre geschafft hätten. Neben einer "überfälligen" Reform des Abstammungsrechtes fehle ebenfalls die Dokumentation der Hauptverhandlung im Koalitionsvertrag. Es bleibe nun also bei dem unhaltbaren, sowie - auch im internationalen Vergleich – unzeitgemäßen Zustand, dass die Inhalte von Strafprozessen nur handschriftlich dokumentiert würde, so von Raumer.

Ein besonderes Anliegen sei dem DAV erwartungsgemäß auch die Anpassung der RVG-Tabellen in der neuen Legislaturperiode. Der DAV kündigt an, sich in den kommenden Wochen detaillierter mit den Plänen von Union und SPD auseinanderzusetzen.

Redaktion beck-aktuell, kw, 10. April 2025.

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