DAV für Beibehaltung, aber Verbesserung des KapMuG

In seiner Stellungnahme vom August 2019 zur Evaluation des Bundesjustizministeriums zum Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) spricht sich der Deutsche Anwaltverein (DAV) dafür aus, das derzeit bis zum 31.10.2020 befristete KapMuG, dass sich in der Praxis inzwischen etabliert und vielfach bewährt habe, dauerhaft zu implementieren. Er schlägt aber verschiedene Änderungen vor, um das Musterverfahren noch zu straffen und zu beschleunigen.

KapMuG inzwischen etabliert

Das KapMuG stellt laut DAV ein funktionierendes Verfahren zur "Bündelung" von Ansprüchen bereit, das Aspekte kollektiven Rechtsschutzes mit schützenswerten Individualinteressen in einen praktikablen Ausgleich bringe. In der Praxis habe sich das KapMuG zwischenzeitlich auch etabliert, was man an derzeit 1.106 veröffentlichten Vorlagebeschlüssen ablesen könne. Zudem hätten in den vergangenen Jahren bereits verschiedene Zweifelsfragen höchstrichterlich geklärt werden können. Diese wachsende Rechtstradition trage zur Rechtssicherheit bei und sollte, so der DAV, nicht zugunsten neuer Regelungsmodelle wie der Musterfeststellungsklage nach §§ 606 ff. ZPO vorschnell aufgegeben werden. Für beide prozessuale Instrumente sei Platz im deutschen Recht. Bei einem kleineren Teil der bisher durchgeführten KapMuG-Verfahren sei es zwar zu langen Verfahrensdauern gekommen. Bei durchschnittlichen Verfahren habe sich das KapMuG allerdings bereits vielfach bewährt.

DAV-Vorschläge zur Verfahrensbeschleunigung: digitale Verfahrensführung 

Der DAV sieht aber noch Möglichkeiten zur Verbesserung der Praktikabilität des KapMuG. Dieses könnte insbesondere schon dadurch deutlich beschleunigt werden, dass das Verfahren komplett digital geführt würde. Auch bei der Bekanntmachung der Musterverfahrensanträge gebe es noch Verbesserungsbedarf: Laut DAV sollte die Frist (aktuell 6 Monate) dafür in Annäherung an die Regelungen zur Musterfeststellungsklage (14 Tage) verkürzt werden (DAV-Vorschlag: 1 Monat). Ferner bereite die Ermittlung des für den Erlass des Vorlagebeschlusses zuständigen Gerichts in der Praxis Schwierigkeiten. Der DAV fordert, stärker von der nach § 6 Abs. 6 Satz 1 KapMuG gegebenen Möglichkeit der Zuständigkeitskonzentration bei einem OLG eines Bundeslandes oder von der gemäß § 6 Abs. 6 Satz 3 KapMuG vorgesehenen Möglichkeit der länderübergreifenden Konzentration bei einem OLG durch staatsvertragliche Regelung Gebrauch zu machen. Auch bei "Teilmengenkonflikten" bestehe Klarstellungsbedarf. So sollte laut DAV für den Fall, dass sich Feststellungsziele in Teilbereichen überschneiden, erwogen werden, die Sperrwirkung des § 7 KapMuG nur auf diese Teilmenge zu beschränken.

Musterverfahren klar als kontradiktorisches Verfahren strukturieren 

Das Musterverfahren sollte nach Ansicht des DAV mit Blick auf die mögliche Komplexität des Streitstoffs und die möglicherweise große Zahl der Beteiligten als kontradiktorisches Verfahren klar strukturiert und konzentriert werden, etwa durch die Regelung der Reihenfolge des Vortrags der Parteien und der Präklusion späteren Vorbringens, sofern dies nicht durch ausdrückliche Hinweise des Gerichts zugelassen werde. Ferner sollte den Belangen der Beteiligten durch eine Regelung Rechnung getragen werden, wonach die Schriftsatzfristen unter Berücksichtigung der Komplexität des Streitstoffes angemessen zu bestimmen seien. Die Vereinbarung eines Verfahrenskalenders, wie in Schiedsverfahren üblich, könnte angeregt werden, so der DAV.

Anspruchsanmeldung früher erlauben 

Weiter hält der DAV § 10 Abs. 2 Satz 1 KapMuG, der den zeitlichen Korridor einer Anspruchsanmeldung auf sechs Monate ab der Bekanntmachung des Musterklägers, der Musterbeklagten, des Aktenzeichens des OLG und der weiteren Angaben nach § 10 Abs. 1 KapMuG begrenzt, für wenig sachgerecht. Vor allem der lange Zeitraum zwischen Stellung eines Musterverfahrensantrages und der Auswahl des Musterklägers könne in der Praxis dazu führen, dass Geschädigte von der Möglichkeit der Anspruchsanmeldung gar keinen Gebrauch mehr machen können, weil die Ansprüche bereits vor der Auswahl des Musterklägers verjährt seien. Sachgerechter wäre es hier dem DAV zufolge, die Anspruchsanmeldung nicht erst mit der Bekanntmachung des Musterklägers zu erlauben, sondern schon nach der Bekanntmachung von zehn gleichgerichteten Musterverfahrensanträgen durch das Gericht gem. § 3 Abs. 2 KapMuG und deren Erfassung gem. § 4 Abs. 1 KapMuG im Klageregister.

Zusätzliche Bedingung für Wirksamwerden eines Vergleichs einführen 

Auch die Regelung zum Wirksamwerden eines Vergleichs in § 17 Abs. 1 S. 4 KapMuG, der bezüglich des Quorums auf die Zahl der Beigeladenen abstellt, könnte verbessert werden, so der DAV weiter. Es könnte sich anbieten, zusätzlich noch einen bestimmten Anteil am gesamten Anspruchsvolumen zu verankern. So könnte in § 17 Abs. 1 Satz 4 KapMuG ergänzt werden, dass der Vergleich nur wirksam werde, wenn weniger als 30 Prozent der Beigeladenen ihren Austritt erklärten, sofern diese weniger als 50 Prozent des Anspruchsvolumens repräsentierten.

Vergütungsregelung für Musterkläger-Anwalt auch auf Musterbeklagten-Anwalt anwenden

Schließlich sollte die in § 41a RVG getroffene Vergütungsregelung für den Rechtsanwalt, der den Musterkläger vertrete, auch für die Rechtsanwälte, die den/die Musterbeklagten vertreten, Anwendung finden, so der DAV. Der den Antrag rechtfertigende Mehraufwand treffe die Musterbeklagtenvertreter in gleicher Weise.

Redaktion beck-aktuell, 13. August 2019.

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