Kritik an Verschleppung dringender Reformen im Familienrecht
Die dringenden Reformen im Familienrecht lassen noch immer auf sich warten. Den vollmundigen Ankündigungen der Regierung ist bislang lediglich ein Reformentwurf zum Namensrecht gefolgt. "Das ist zwar schön – aber das Namensrecht ist nun ganz gewiss nicht das Rechtsgebiet, das das Leben der Familien in Deutschland tagtäglich tangiert", kritisierte Rechtsanwältin Eva Becker, Mitglied des DAV-Vorstands und Vorsitzende des Ausschusses Familienrecht. "Stattdessen braucht es eine grundlegende Reform des Abstammungs-, Unterhalts- und Kindschaftsrechts." Beim Neujahrsempfang des DAV hatte der Bundesjustizminister hinsichtlich eines umfassenden Reformaufschlags noch von April 2023 gesprochen. Dass sich all dies nun auf unabsehbare Zeit weiter verzögert, ist aus Sicht des DAV bitter.
Ungelöste Probleme im Unterhaltsrecht
Eine aktuelle Umfrage der DAV-Arbeitsgemeinschaft Familienrecht unter ihren Mitgliedern hat große Verunsicherungen bei Eltern bezüglich der Verzahnung von Unterhalt und Betreuungszeiten zutage gefördert: Knapp 80% der Eltern unter den Mandanten machen sich danach beim Thema Betreuungszeiten immer beziehungsweise oft Gedanken über die Konsequenzen für die Unterhaltszahlungen. "Die Konsequenzen können Eltern nicht abschätzen – und Anwältinnen und Anwälte können das auch nur sehr eingeschränkt, weil die Detailfragen insbesondere bei paritätischen Betreuungsmodellen nicht gesetzlich geregelt sind", mahnt Rechtsanwalt Jochem Schausten, Vorsitzender der AG Familienrecht.
Durchdachte Novellierung gefordert
Der DAV fordert anlässlich des Deutschen Anwaltstags eine nachhaltige, durchdachte Familienrechtsreform. Insbesondere das Unterhaltsrecht benötige eine zeitnahe Generalüberholung. Diese müsse nicht nur eine klare Regelung für paritätische Betreuungsformen enthalten, sondern auch die Mängel des Ehegattenunterhalts insgesamt in den Blick nehmen.