DAV fordert Haftentschädigung von mindestens 100 Euro pro Tag

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) fordert, dass zu Unrecht Inhaftierte eine Entschädigung von mindestens 100 Euro pro Tag erhalten. Der Bundestag diskutiert am 10.09.2020 über einen Gesetzentwurf des Bundesrates, wonach die Entschädigung von derzeit 25 Euro auf 75 Euro angehoben werden soll. Dies sei ein Schritt in die richtige Richtung. "Die Erhöhung auf 75 Euro darf jedoch nur ein Zwischenschritt bleiben", betonte DAV-Präsidentin Edith Kindermann.

Aktueller Betrag im europäischen Vergleich Schlusslicht

"Der Rechtsstaat muss sich auch daran messen lassen, wie er mit Fehlern umgeht. Hat er einem Menschen zu Unrecht seine Freiheit entzogen, muss er diesen Verlust zumindest symbolisch aufwiegen", sagte die Rechtsanwältin und Notarin. Die derzeitige Entschädigungshöhe von 25 Euro sei deutlich niedriger als jene in anderen Ländern und bilde im europäischen Vergleich das Schlusslicht. Für Freiheitsverluste, an denen der Staat nicht schuld war, hätten Betroffene auch in Deutschland in der Vergangenheit schon deutlich mehr als die im Gesetzentwurf geforderten 75 Euro erhalten. In einem Fall sei sogar eine zivilrechtliche Entschädigung von 92 Euro pro Tag gezahlt worden – und das trotz Mitverschuldens des Inhaftierten. Der Staat dürfe in der Entschädigungshöhe nicht hinter dem zurückstehen, was Privatpersonen an Wiedergutmachung zuzumuten sei.

Keine übermäßige fiskalische Belastung zu befürchten

Eine übermäßige fiskalische Belastung des Haushalts beziehungsweise des Steuerzahlers durch eine höhere Haftentschädigung sei nicht zu befürchten. Sie wäre auch bei angemessener Gestaltung des Haftentschädigungsrechts gegenüber anderen sozialen Ausgaben eine vernachlässigbare Größe, so der DAV.

Redaktion beck-aktuell, 9. September 2020.