DAV fordert Anpassung der Fristen im Revisionsverfahren

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) bekräftigt in einer Stellungnahme vom Juli 2020 seine Forderung, die Fristen im Revisionsverfahren anzupassen, um eine effektive Verteidigung zu gewährleisten. Er schlägt vor, in umfangreichen Strafverfahren die Urteilsabsetzungsfrist zu begrenzen und die Revisionsbegründungsfrist gestaffelt zu verlängern. Zudem fordert er die Einführung einer für alle Verfahren geltenden Frist zur Fertigstellung des Hauptverhandlungsprotokolls.

Geltendes Recht

Die geltenden Regelungen gewährleisteten keine sachgerechte Revisionsführung in umfangreichen Verfahren, so der DAV. Die Revisionsbegründungsfrist betrage in Strafsachen für alle Verfahren einen Monat (§ 345 StPO) und sei nicht verlängerbar. Die Urteilsabsetzungsfrist hänge hingegen von der Dauer der Hauptverhandlung ab und kenne keine Höchstgrenze. Zudem gebe es für die Fertigstellung des Hauptverhandlungsprotokolls keine Frist.

Sachgerechte Revisionsführung in umfangreichen Verfahren nicht gewährleistet

In umfangreichen Verfahren sei in Anbetracht der strengen Darlegungsanforderungen an Verfahrensrügen die Monatsfrist für die Revisionsbegründung zu knapp bemessen, zumal eine Vorprüfung der prozessualen Revisionsmöglichkeiten nicht möglich sei, weil der Revisionsführer das Hauptverhandlungsprotokoll in der Praxis regelmäßig frühestens zu Beginn der Revisionsbegründungsfrist, häufig auch erst später, erhält.

Extrembeispiel: NSU-Verfahren mit 3.025 Seiten starkem Urteil

Der DAV verweist auf den NSU-Prozess: Dort hatte das Oberlandesgericht München mehr als ein Jahr und neun Monate Zeit für die Niederschrift des 3.025 Seiten starken Urteils, während die Verfahrensbeteiligten nur einen Monat Zeit hatten, um dieses Urteil und das etwa 11.300 Seiten umfassende Hauptverhandlungsprotokoll zu lesen und die Revision zu begründen. Zwar handele es sich um ein Extrembeispiel, es werfe aber ein grelles Licht auf den Missstand der geltenden Rechtslage.

Reformvorschläge des DAV: Fristanpassungen

Der DAV schlägt zur Abhilfe vor, die Urteilsabsetzungsfrist auf höchstens 27 Wochen zu begrenzen. Ferner sollte die Revisionsbegründungsfrist gestaffelt verlängert werden: Dauere die Hauptverhandlung länger als 50 Tage, sei die Revisionsbegründungsfrist auf zwei Monate zu verlängern, dauere sie länger als 100 Tage, auf drei Monate als Höchstfrist. Schließlich fordert der DAV die Einführung einer Frist für die Fertigstellung des Sitzungsprotokolls. Ratsam wäre es ihm zufolge, wenn das Protokoll jedes Sitzungstages unverzüglich, spätestens aber eine Woche nach dem Termin fertiggestellt und zur Akte gebracht werden müsste. Um der Frist disziplinierende Wirkung zu verleihen, könnte der Gesetzgeber Fristüberschreitungen mit einem absoluten Revisionsgrund sanktionieren. Er könnte aber auch die Fortführung der Hauptverhandlung erschweren, indem den Verfahrensbeteiligten ein Unterbrechungsanspruch zugebilligt werde, falls die Frist nicht eingehalten worden sei, so der DAV.

Redaktion beck-aktuell, 22. Juli 2020.