DAV: Asylverfahrensrecht sollte umfassend mit allgemeinem Verwaltungsprozessrecht gleichgestellt werden

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat durch seinen Ausschuss Migrationsrecht zum Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums für ein Gesetz zur Beschleunigung, Vereinfachung und Vereinheitlichung von Asylklageverfahren Stellung genommen. Wie aus seiner Stellungnahme vom Januar 2020 unter anderem hervorgeht, ist er weiterhin der Meinung, dass nur eine umfassende Gleichstellung des Asylverfahrensrechtes mit dem allgemeinen Verwaltungsprozessrecht zu einer schnell wirksamen und nachhaltigen Verbesserung des Asylverfahrens führen kann.

DAV lehnt "Tatsachenrevision" ab

Die Einführung einer "Tatsachenrevision" sei abzulehnen. Das Ziel, die Verwaltungsgerichte zu entlasten, dürfe nicht dazu führen, dass grundlegende Verfahrensprinzipien im Asylprozess keine Geltung haben. Die Schaffung weiteren Sonderrechts für Asylsuchende lehnt der DAV ab. 

Entscheidungsfindung sollte nicht noch länger dauern

Der DAV lehnt die Neuregelung in § 11a des Referentenentwurfs zum Asylgesetz (AsylG-E), durch die die Zeit zur Entscheidungsfindung verlängert werden soll, ab. Er befürchtet, dass die Wartefrist, die den schutzsuchenden Personen eine Integration erschwert, durch die Neuregelung weiter ausgedehnt wird.

Bevollmächtigte soll Beginn der Rechtsbehelfsfrist kennen

Der Deutsche Anwaltverein begrüßt den Vorschlag, in Abs. 1 des § 31 AsylG die Sätze 5 bis 7 zu streichen. Hierdurch werde sichergestellt, dass der Bevollmächtigte über den Beginn der Rechtsbehelfsfrist im Bilde ist. Der Vorschlag, § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylG zu ändern, begegne vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich gewährleisteten Schutzes des Lebens, der gesundheitlichen Unversehrtheit und der Freiheit Bedenken.

Neuregelung in § 71a AsylG-E nicht haltbar

Die Neuregelung in § 71a AsylG-E, wonach bei Vorliegen eines EURODAC-Treffers der Kennung 1 in der Regel ein Folgeantrag geprüft werden soll, hält der DAV vor dem Hintergrund des Amtsermittlungsgrundsatzes, des Refoulement-Verbots und der europarechtlichen Vorgaben für nicht haltbar. Auch lehnt er die Neuregelung in § 74 AsylG-E ab, durch die die Möglichkeit erweitert wird, kurzfristig gestellte Befangenheitsanträge abzulehnen. Er kritisiert, dass Befangenheitsanträgen nur aufgrund der zeitlichen Nähe zum Termin der mündlichen Verhandlung pauschal Missbrauch unterstellt werde.

Mündliche Verhandlung nicht entbehrlich

Weiter weist der DAV darauf hin, dass die Neuregelung des § 77 Abs. 1a AsylG-E dem System und den Grundprinzipien des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes widerspricht: Die gerichtliche Entscheidung auf Grundlage einer mündlichen Verhandlung sei der gesetzliche Regelfall. Die mündliche Verhandlung stelle das Kernstück des Gerichtsprozesses dar. Für höchst problematisch hält es der DAV, für eine Vielzahl von Asylklagen die Möglichkeit zu eröffnen, ohne Anhörung und ohne Zustimmung der Beteiligten vom Grundsatz der mündlichen Verhandlung abzuweichen.

Behördliches und gerichtliches Asylverfahren strikt zu trennen

Außerdem meint der Verein, dass durch die Neuregelung in § 77 Abs. 3 AsylG-E das behördliche und das gerichtliche Asylverfahren zu eng miteinander verwoben würden. Dadurch würde die von Verfassungs wegen gebotene strikte Trennung von Exekutive und Judikative angetastet. Eine strikte Trennung zwischen dem behördlichen und dem gerichtlichen Asylverfahren sei geboten.

DAV gegen entscheidungserhebliche Mitwirkung unter anderem von Richtern auf Probe

Der DAV steht einer entscheidungserheblichen Mitwirkung an Asylklageverfahren von Richtern auf Probe, Richtern kraft Auftrags und abgeordneten Richtern kritisch gegenüber. Diese könnten nicht über die notwendige Entscheidungskompetenz im Asyl- und Aufenthaltsrecht verfügen.

Redaktion beck-aktuell, 20. Januar 2020.