Adresshandel wie bisher kaum mehr möglich
Unter diesen Bedingungen aber wäre nach Ansicht von Branchenexperten ein Adresshandel wie bisher kaum mehr möglich. Den Datenschützern zufolge könnten sich seit Inkrafttreten der DS-GVO die Adresshändler nicht mehr auf ein "berechtigtes Interesse" berufen, wenn sie Postadressen von Verbraucherinnen und Verbrauchern verkauften. Das im Vergleich zum früheren deutschen Gesetz strengere europäische Recht verlange nach Ansicht der meisten Landesdatenschutzbehörden, dass Verbraucherinnen und Verbraucher zunächst informiert werden müssen. "Informiert heißt in diesem Zusammenhang, dass sie unaufgefordert und vorab darüber aufgeklärt werden müssen, wer welche Informationen zu welchen Zwecken haben möchte und ob dabei auch personenbezogene Daten wie etwa Adressdaten weitergegeben werden sollen und wie lange sie genutzt werden sollen", sagte der Landesdatenschutzbeauftragte von Baden-Württemberg, Stefan Brink, gegenüber der Süddeutschen Zeitung und dem NDR. Diese Information sei "eine echte Hürde", so Brink. In diesem Zusammenhang habe sich nicht nur die Rechtslage geändert, "sondern auch die Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie wollen eben nicht mehr mit unerwünschter, nicht angeforderter sogenannter Verbraucherinformation konfrontiert und belästigt werden."
Direktmarketingverband in Sorge
Die Vertretung der Adresshändler, der Deutsche Direktmarketingverband (DDV), warnt schon vor den negativen Folgen einer solchen Entscheidung. Das hätte, so DDV-Präsident Patrick Tapp, "schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen, denn selektierte Briefwerbung ist ein wichtiger Motor für die europäische Volkswirtschaft." Der DDV liest das europäische Datenschutzrecht anders und sieht Äußerungen von Landesdatenschützern lediglich als "Rechtsmeinung". Nach Ansicht des Verbands ist ein Adresshandel auch weiterhin uneingeschränkt zulässig. Zusammen mit diesen Adressen könnten weitere Merkmale gespeichert werden – wie Alter, Beruf oder ob man in einer Mietwohnung lebt oder einem Eigenheim. Gerade für junge Unternehmen sei es wichtig, passgenau Werbung per Post zu verschicken, so Tapp gegenüber der Süddeutschen Zeitung und dem NDR, zum Beispiel um neue Kunden zu werben. Genau das aber sieht Brink als Problem. Solche Werbung setze voraus, "dass die Werbeindustrie die Wünsche und die Vorlieben des Verbrauchers auch kennt, also zuvor sogenannte Profile mit Interessen und bisherigem Kaufverhalten anlegt." Auch dagegen müssten sie sich wehren können. "Niemand muss sich zu Werbezwecken vorab durchleuchten lassen", so Brink.
Landesdatenschutzbeauftrage von NRW ist anderer Ansicht
Ein Sprecher der Berliner Datenschutzbehörde erklärte, man wolle im Rahmen der Datenschutzkonferenz, des bundesweiten Gremiums der Aufsichtsbehörden, einen Beschluss herbeiführen, um nach außen einheitlich aufzutreten. Lediglich die Landesdatenschutzbeauftrage von Nordrhein-Westfalen hat bislang erklärt, sie halte den Adresshandel in der bisherigen Form für weiterhin zulässig, berichteten NDR und Süddeutsche Zeitung.