Die CSU hat wegen einer geltenden Absprache zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien das Vorschlagsrecht für die Nachbesetzung – sie muss sich dabei aber mit der CDU abstimmen. Dem Vernehmen nach hatte es sowohl von der CDU als auch aus der CSU derart massive Kritik am früheren bayerischen Justizminister Winfried Bausback (CSU) gegeben, dass seine Benennung als Kandidat vom Tisch ist. Auch der als Nachfolgekandidat gehandelte Bundestagsabgeordnete Günter Krings (CDU) ist dem Vernehmen nach nicht mehr im Rennen. Auf wen die Wahl nun fallen soll, war zunächst unklar.
Frist im BVerfGG drängt zur Eile
Das BVerfGG setzt für die Nachfolgesuche aber zeitliche Grenzen: "Kommt innerhalb von zwei Monaten nach dem Ablauf der Amtszeit oder dem vorzeitigen Ausscheiden eines Richters die Wahl eines Nachfolgers aufgrund der Vorschriften des § 6 nicht zustande, so hat das älteste Mitglied des Wahlausschusses unverzüglich das Bundesverfassungsgericht aufzufordern, Vorschläge für die Wahl zu machen", heißt es in § 7a BVerfGG.
CDU und CSU würden also ihr Vorschlagsrecht verlieren, sollten sie nicht zeitnah einen Nachfolgekandidaten oder eine Nachfolgekandidatin gefunden haben, die im Bundesrat die notwendige Zweidrittelmehrheit der Stimmen erhält. So gesehen ist die Sitzung der Länderkammer am Freitag mehr oder weniger ihre letzte Chance. Der Bundesrat kommt in diesem Jahr noch einmal Mitte Dezember zusammen.
Vieles spricht daher dafür, so ist zu hören, dass es auf einen Kandidaten herauslaufen werde, der nicht als CSU-Mitglied wegen Befangenheit in die Bredouille zu kommen droht. Beste Chancen werden einem Juristen oder einer Juristin oder einem Verfassungsrechtler aus Bayern gegeben. Es bleibt spannend. Denn erst wenn die Nachfolge entschieden ist, kann Müller endgültig aus seinem Amt ausscheiden.
Vorbehalte gegen Bausback mit Blick auf Verfahren zu Bundestagswahlrecht
Die Gründe, die dem Vernehmen nach am Ende gegen Bausback (und Krings) ausschlaggebend waren, sind politisch spannend und heikel zugleich: So gab es in der Union zum einen Befürchtungen zu einer absehbaren Befangenheit Bausbacks wegen dessen CSU-Parteibuchs im anstehenden Klageverfahren in Karlsruhe gegen das Bundestagswahlrecht.
Nachdem der Bundestag im Juni mit den Stimmen der Ampel-Parteien eine Reform des Bundestagswahlrechts beschlossen hatte, hatten zunächst der Freistaat Bayern und die CSU Klage gegen die Reform in Karlsruhe eingereicht. Sie monieren, das Gesetz sei verfassungswidrig, da zur Reduzierung der Abgeordnetenzahl Überhang- und Ausgleichsmandate sowie die sogenannte Grundmandatsklausel weggefallen sind.
Auch Bausbacks Dissertation aus dem Jahr 1998 soll die Vorbehalte in der Union verstärkt haben. Auf 315 Seiten setzt er sich darin ausgerechnet mit den verfassungsrechtlichen Grenzen des Bundestagswahlrechts auseinander. Besonders brisant dabei: Bausback kommt in seiner Analyse mit Fokus auf die Linkspartei zum Ergebnis, dass die von der CSU per Klage zurückgeforderte Grundmandatsklausel verfassungsrechtlich zumindest bedenklich ist.
Der Wegfall der Grundmandatsklausel könnte aber dazu führen, dass die CSU zwar alle Direktmandate in Bayern gewänne, bundesweit aber bei der Bundestagswahl unter der 5%-Marke landen würde und damit nicht mehr im Bundestag vertreten wäre.