Coronakrise: Änderungen im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht angenommen

Der Bundestag hat am 25.03.2020 einstimmig einen Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zur Abmilderung der Folgen der Covid-19- Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (BT-Drs. 19/18110) angenommen. Das Paket umfasst ein Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die Covid-19-Pandemie bedingten Insolvenz, ein Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sowie Änderungen des Einführungsgesetzes zur Strafprozessordnung und eine Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch. 

Änderungen im Zivilrecht: Miete, Leistungsverweigerungsrecht, gesetzliche Stundungsregelung

Im Bereich des Zivilrechts sollen im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch zeitlich befristet bis zum 30.06.2020 in Artikel 240 besondere Regelungen eingeführt werden, die Schuldnern, die wegen der Covid-19-Pandemie ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllen können, die Möglichkeit einräumen, die Leistung einstweilen zu verweigern oder einzustellen, ohne dass dies für sie nachteilige rechtliche Folgen hat. Für Verbraucher und Kleinstunternehmen soll so gewährleistet werden, dass sie insbesondere von Leistungen der Grundversorgung wie Strom, Gas und Telekommunikation nicht abgeschnitten werden. Für Mietverhältnisse über Grundstücke oder über Räume soll das Recht der Vermieter zur Kündigung von Mietverhältnissen eingeschränkt werden. Im Hinblick auf Verbraucherdarlehensverträge soll eine gesetzliche Stundungsregelung und eine Vertragsanpassung nach Ablauf der Stundungsfrist eingeführt werden, mit der Möglichkeit für die Vertragsparteien, eine abweichende Vertragslösung zu finden. Dies soll von einem gesetzlichen Kündigungsschutz flankiert werden. Sollte der Zeitraum bis Juni 2020 nicht ausreichen, soll der Bundesregierung die Möglichkeit eingeräumt werden, die vorgesehenen Befristungen im Weg einer Verordnung zu verlängern.

Änderungen im Insolvenzrecht: Insolvenzantragspflicht und Zahlungsverbote ausgesetzt

Im Bereich des Insolvenzrechts sollen die Insolvenzantragspflicht und die Zahlungsverbote bis zum 30.09.2020 ausgesetzt werden, es sei denn die Insolvenz beruht nicht auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie oder es besteht keine Aussicht auf die Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit. Zudem sollen Anreize geschaffen werden, den betroffenen Unternehmen neue Liquidität zuzuführen und die Geschäftsbeziehungen zu diesen aufrecht zu erhalten. Für einen dreimonatigen Übergangszeitraum wird auch das Recht der Gläubiger suspendiert, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie die Regelung zum Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen soll im Verordnungswege bis zum 31.03.2021 verlängert werden können. Um die betroffenen Unternehmen verschiedener Rechtsformen in die Lage zu versetzen, auch bei weiterhin bestehenden Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten erforderliche Beschlüsse zu fassen und handlungsfähig zu bleiben, werden vorübergehend substanzielle Erleichterungen für die Durchführung von Hauptversammlungen, Gesellschafterversammlungen, General- und Vertreterversammlungen der Genossenschaften sowie von Mitgliederversammlungen von Vereinen geschaffen.

Änderungen im Strafverfahrensrecht: Unterbrechung der Hauptverhandlung

In das Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung wird ein auf ein Jahr befristeter zusätzlicher Hemmungstatbestand für die Unterbrechungsfrist einer strafgerichtlichen Hauptverhandlung eingefügt. Er soll es den Gerichten erlauben, die Hauptverhandlung für maximal drei Monate und zehn Tage zu unterbrechen, wenn diese aufgrund von Maßnahmen zur Vermeidung der Verbreitung der Covid-19-Pandemie nicht durchgeführt werden kann.

Änderungs- und Entschließungsanträge abgelehnt

Der Abstimmung lagen eine Beschlussempfehlung (BT-Drs. 19/18129) und ein Bericht (BT-Drs. 19/18158) des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zugrunde. Der Haushaltsausschuss hat dazu einen Bericht nach § 96 GOBT zur Finanzierbarkeit vorgelegt. Abgelehnt wurden drei Änderungsanträge der AfD-Fraktion zum Koalitionsentwurf (BT-Drs. 19/18134, 19/18135 und 19/18136). Ebenfalls abgelehnt wurden drei Änderungsanträge der Fraktion Die Linke (BT-Drs. 19/18137, 19/18138 und 19/18139). Erfolglos blieb auch ein Entschließungsantrag der Linken (BT-Drs. 19/18142), in dem unter anderem ein vorübergehendes Verbot von Zwangsräumungen sowie von Strom-, Gas-, Fernwärme-, Telefon- und Wassersperren gefordert wurde. Auch ein Entschließungsantrag der AfD-Fraktion (BT-Drs. 19/18140), der kurzfristige Liquiditätshilfen für jene Vermieter vorsieht, die darauf für ihren grundlegenden Lebensunterhalt oder die grundlegende Aufrechterhaltung ihres Gewerbes dringend angewiesen sind, blieb erfolglos. Die Abgeordneten wiesen zudem einen Entschließungsantrag der FDP (BT-Drs. 19/18141) mit der Forderung zurück, dass unverzüglich ein Gesetzentwurf zur Einführung eines befristeten Sonder-Wohngelds erarbeitet werden soll, wonach wirtschaftlich von der Covid-19-Krise Betroffene schnell eine Unterstützung für ihre Mietzahlungen erhalten sollen.

Redaktion beck-aktuell, 25. März 2020.