Eine fachliche Überprüfung der zuständigen Stellen der Bundeswehr in Verbindung mit einem Votum des Wehrmedizinischen Beirates von vergangener Woche habe eine Abkehr von der Pflicht zur Duldung der Infektionsschutzmaßnahme hin zu einem freiwilligen Impfangebot ergeben, teilte eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums mit.
Diese unerwartete Entscheidung hat auch Einfluss auf ein aktuelles Verfahren vor dem BVerwG in Leipzig. Dort beschäftigt sich der 1. Wehrdienstsenat seit Mittwoch erneut mit der Corona-Impfpflicht bei der Bundeswehr. Ein Oberstabsbootsmann hatte sich gegen die Aufnahme der Covid-19-Impfung in das Basisimpfschema der Bundeswehr gewendet. Er hält ihre Beibehaltung unter den gegenwärtigen Bedingungen für rechtswidrig.
Konkret geht es in dem wehrbeschwerderechtlichen Rechtsstreit um die Dienstpflicht zur Duldung militärisch notwendiger Infektionsschutzmaßnahmen nach § 17a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SG. Auf dieser Rechtsgrundlage sind für alle Soldatinnen und Soldaten Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Influenza, Hepatitis und FSME zwingend.
Der Katalog verpflichtender Basisimpfungen wurde auf dem Höhepunkt der Covid-19-Pandemie im November 2021 um die Covid-19-Impfung erweitert. In einer Grundsatzentscheidung vom 7. Juli 2022 hatte das BVerwG diese Maßnahme als rechtmäßig eingestuft. Zugleich hatte es das Verteidigungsministerium aufgefordert, die Aufrechterhaltung der Impfung angesichts sich ändernder Umstände zu bewerten und zu überwachen.
Verfahren hat sich möglicherweise erledigt
Mit der Ankündigung des Verteidigungsministeriums habe sich nach derzeitigem Stand der aktuelle Rechtsstreit erledigt, erläuterte der Vorsitzende des 1. Wehrdienstsenats, Richard Häußler, am Mittwoch im Laufe der Verhandlung. Und da der Senat vor knapp zwei Jahren das Vorgehen des Ministeriums für rechtmäßig erklärt hatte, seien auch Entschädigungsansprüche wie Schmerzensgeld und Schadensersatz voraussichtlich erfolglos.
In dem Verfahren hatte der Marinesoldat angegeben, dass es gegen ihn disziplinarische Vorermittlungen wegen der Impfweigerung gegeben habe. Vorgesetzte hätten ihm mitgeteilt, dass eine unehrenhafte Entlassung möglich sei, sagte der 53-Jährige. Erst nach Einreichung der Klage sei die Duldungspflicht für ihn aufgehoben worden. In der Folgezeit habe er aber das Vertrauen an den Dienstherrn komplett verloren und war fast ein Jahr krankgeschrieben.
Offen ist nach Angaben des Senats derzeit nur noch, ob für den Soldaten ein sogenanntes Rehabilitationsinteresse bestehe. Dabei geht es darum, ob das Verteidigungsministerium in der Zeit vom 7. Juli 2022 bis jetzt seine Überwachungspflicht richtig umgesetzt hatte. Dafür räumte der Wehrdienstsenat den beteiligten Parteien nun zwei Monate Zeit ein. Wann dann eine Entscheidung verkündet wird, ist noch unklar.