Chinas Volkskongress billigt umstrittene Gesetzespläne für Hongkong

Ungeachtet massiver internationaler Kritik hat Chinas Volkskongress die Pläne für ein umstrittenes Sicherheitsgesetz in Hongkong gebilligt. Zum Abschluss ihrer Jahrestagung beauftragten die Abgeordneten den Ständigen Ausschuss des Parlaments, das Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Chinas Sonderverwaltungsregion zu erlassen. Das Gesetz umgeht Hongkongs Parlament und richtet sich gegen Aktivitäten, die als subversiv oder separatistisch angesehen werden.

Eingriff in Grundsatz "ein Land, zwei Systeme"

Das Vorhaben wäre der bisher weitgehendste Eingriff in die Autonomie der früheren britischen Kronkolonie, wo es über Monate starke china-kritische Demonstrationen gab. Hongkong wird seit der Rückgabe 1997 an China nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" als eigenständiges Territorium regiert.

Internationale Kritik – USA erwägen Sanktionen

Die Pläne stoßen international auf starke Kritik. Die Bundesregierung hat sich sehr besorgt geäußert, die USA erwägen sogar Sanktionen. So hält die US-Regierung den vorteilhaften Sonderstatus für Hongkong wegen der zunehmenden Einmischung Chinas in der eigentlich autonomen Metropole nicht mehr für gerechtfertigt, wie US-Außenminister Mike Pompeo berichtete. Für Hongkongs Firmen und Bürger steht dabei viel auf dem Spiel – von höheren Zöllen bis zur Visa-Vergabe für Reisen in die USA. Auch die Bedeutung des auch für China wichtigen Finanzstandortes könnte in Gefahr geraten. Details sind noch unklar.

Angst vor wachsendem Einfluss Chinas

Das Gesetz wendet sich auch gegen ausländische Einmischung. Zur Durchsetzung sollen "wenn nötig" sogar chinesische Sicherheitsorgane in Hongkong eingesetzt werden. Die prodemokratischen Kräfte fürchten, dass sie zum Ziel des Gesetzes werden. Die asiatische Wirtschaftsmetropole erlebt seit dem Sommer 2019 Woche für Woche Demonstrationen gegen die von Peking eingesetzte Regierung, Polizeibrutalität bei den Protesten und den wachsenden Einfluss der kommunistischen Führung.

Rechtsstaatlichkeit in Gefahr

Das geplante Gesetz "wird der chinesischen Regierung weit größere Zugriffsmöglichkeiten auf Menschen und Organisationen in Hongkong erlauben", sagte Katja Drinhausen vom China-Institut Merics in Berlin. Es gebe die "berechtigte Angst", dass Meinungs- und Pressefreiheit, Rechtsstaatlichkeit und Zivilgesellschaft, aber auch internationaler Austausch massiv eingeschränkt werden.

Höherer Militäretat gebilligt

Die rund 2.900 Abgeordneten in der Großen Halle des Volkes billigten auch den Haushalt mit einer starken Steigerung des Militäretats um 6,6%. Um die Wirtschaft in der Corona-Krise anzukurbeln, plant die Regierung bei fallenden Einnahmen höhere Staatsausgaben, neue Anleihen sowie eine Senkung von Steuern und Abgaben. Dafür soll das Haushaltsdefizit über die kritische Marke von 3% auf mehr als 3,6% steigen. Das nicht frei gewählte chinesische Parlament hat in seiner Geschichte noch nie eine Vorlage abgelehnt. 

Jahrestagung mit strengen Vorsichtsmaßnahmen

Wegen des Ausbruchs des Coronavirus hatte die Jahrestagung im März 2020 verschoben werden müssen – erstmals in der jüngeren Geschichte der Volksrepublik. Indem die Sitzung nachgeholt wurde, demonstrierte China auch, dass es das Virus unter Kontrolle hat. Allerdings wurden strenge Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Die rund 2.900 Abgeordneten wurden mindestens zweimal auf Sars-CoV-2 getestet. Viele reisten in Sonderzügen und nicht mit der normalen Bahn oder im Flieger an. Auch wurde die Tagung von sonst meist zehn bis zwölf Tagen auf eine Woche verkürzt.

Redaktion beck-aktuell, 28. Mai 2020 (dpa).